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und sich im Jahre 1835 eine eigne Verfassung gegeben 1). Kurz darauf beantragte der junge Staat bei der Regierung der Union seine Annexion. Während die Regierung in Washington noch zögerte, versuchten Frankreich und England das Vorhaben Texas zu hintertreiben in der Besorgnis, die Annexion würde das Gleichgewicht auf dem amerikanischen Kontinent zerstören. Sie waren bemüht, die absolute Unabhängigkeit von Texas bestehen zu lassen, welche sie 1839 beziehungsweise 1841 anerkannten. Frankreich bot der jungen Republik seine Vermittelung für den Fall an, dass Verhandlungen mit Mexiko unternommen würden, denen die Unabhängigkeit von Texas als Grundlage diente 2). Diese drohende europäische Intervention in rein amerikanische Angelegenheiten drängte die Regierung in Washington zu der von Texas schon vor einigen Jahren beantragten Annexion und führte zu der Wiederholung des in der Monroedoktrin enthaltenen Prinzipes. In seiner Botschaft vom 2. Dezember 1845 sagt Polk, dass die Vereinigten Staaten durchaus nicht bei einer etwaigen europäischen Intervention auf dem nordamerikanischen Kontinent, welche unter dem Vorwande unternommen würde, auf diesem das politische Gleichgewicht aufrecht erhalten zu wollen, ruhig zusehen könnten. Vielmehr seien sie bereit, jedem derartigen Übergriff Widerstand leisten zu wollen. Falls irgend ein Volk, das sich als unabhängiger Staat eingerichtet habe, sich mit einem anderen zu verbinden wünsche, so wäre das eine Angelegenheit, die allein die Beteiligten etwas angehe; die Einmischung irgendeiner dritten Macht sei von vornherein ausgeschlossen 3). Diese Stellungsnahme der amerikanischen Regierung blieb in der Folgezeit mit Bezug auf Texas, wenn nicht nominell, so doch tatsächlich unangefochten.

Bemerkenswert ist, dass Polk in diesem Fall der Anwendung der Monroedoktrin nur von Nordamerika spricht; ebenso in dem gleich zu besprechenden Fall betreffs Oregon. Dieses Gebiet war nicht nur das, welches heute den gleichnamigen Staat ausmacht, sondern umfasste den ungeheuer grossen und breiten Küstenstrich Nordamerikas von dem 42.°nördlicher Breite bis zu einer unbestimmten Grenze im hohen kanadischen Norden. Dieses damals noch recht

1) Pétin p. 94.
2) Pétin p. 100.
3) Pétin p. 101.

unbekannte Gebiet war seit dem Anfang des Jahrhunderts das Objekt endloser Grenzstreitigkeiten zwischen England und den Vereinigten Staaten. In den 40 er Jahren verschärfte sich die Lage, und wirkliche, sowie befürchtete Übergriffe Englands in Oregon veranlassten die Regierung der Union den Teil der Doktrin geltend zu machen, der sich auf die Verhinderung aller zukünftigen europäischen Kolonisationen bezieht. Dies wird vor allem in derselben Botschaft Polks vom Dezember 1845 getan, in der er auch Stellung in der Texasangelegenheit nimmt 1). Schon in dem folgenden Monat, Januar 1846, wurde die Grenze durch einen Vertrag festgelegt, welcher später durch einen anderen von 1871 vervollständigt wurde 2).

Noch derselbe Präsident musste zwei Jahre später die Anwendbarkeit der Doktrin über die Grenze Nordamerikas hinaus vollziehen. Während des Krieges der Union mit Mexiko, 1846 bis 1848, war auf Yukatan, das seit 1815 einen Teil Mexikos gebildet hatte, ein Kampf zwischen den Weissen und den Indianern ausgebrochen. Hinzu kam eine Revolution gegen Mexiko 3). Diese Unruhen waren nicht zum wenigsten durch den Krieg Mexikos mit den Vereinigten Staaten verursacht worden. Yukatan war in einer völlig hilflosen Lage. Um der Anarchie ein Ende zu machen, bot es der Union die Oberherrschaft (,the dominion and sovereignty") über das Land an. Indessen wurden gleichzeitig entsprechende Gesuche an England und Spanien erlassen). Der drohenden europäischen Einmischung musste vorgebeugt werden. Unter der Fürsorge des Präsidenten Polk) selbst und seines Staatssekretärs Buchanan wurde im Mai, 1848, in dem Kongress der Antrag gestellt, dass dem Präsidenten die Macht erteilt werde, Yukatan vorübergehend militärisch zu besetzen. Dieser Initiative der Regierung folgte im Senat eine berühmte Debatte 6), die für die Geschichte der Monroedoktrin sehr bedeutungsvoll ist. Der Antrag fand seinen heftigsten Gegner in dem einzigen Überlebenden des Kabinetts Monroes, aus

1) Messages and Papers of the Presidents; compiled by Richardson; Vol. IV; Pétin p. 110.

2) Pétin p. 112.

3) Pétin p. 104.

4) Moore VI § 942 p. 423.

5) Foster p. 455.

*) Congressional Globe; Moore VI § 942 p. 424-426.

dem die Doktrin ja hervorgegangen war, nämlich in Calhoun. Dieser bestritt die Rechtsmässigkeit einer Anwendung der Doktrin im Sinne Polks, da es durchaus nicht der Absicht der Schöpfer der Doktrin entspräche, ihr, wenn nötig, mit Gewalt Geltung zu verschaffen 1). Inwiefern sich Monroe und die Staatsmänner in seinem Kabinett zur Zeit der Formulierung der Doktrin ihre Anwendbarkeit in einem dem vorliegenden entsprechenden Fall zum Bewusstsein haben kommen lassen, kann natürlich nicht bestimmt werden. Auf jeden Fall äusserte noch im Jahre 1845 J. Q. Adams, der wohl mehr als irgend ein anderer an der Formulierung beteiligt gewesen war, mit seinem üblichen Sinn für die konkreten Verhältnisse sich auf folgende Weise: It is indispensably necessary to make large expenditures for preparation by sea and land, to maintain the Monroe Doctrin, if necessary, by force of arms“. Für die historische Entwicklung seit 1823 scheint der juristisch denkende Calhoun wenig Verständnis gehabt zu haben.

Der Antrag betreffs der militärischen Besetzung Yukatans wurde schon vor der Beendigung der Besprechungen zurückgezogen, da sich die dortigen Schwierigkeiten nach dem Vertrage von Guadalupe Hidalgo allmählich von selbst aufklärten 2). War die ganze Angelegenheit von keiner praktischen Bedeutung, so ist sie doch für uns von hervorragender Wichtigkeit, da sie schon damals die heikle Frage der Stellungsnahme der Vereinigten Staaten mit Bezug auf ein gewaltsames Vorgehen zur Aufrechterhaltung des in der Monroedoktrin ausgesprochenen Prinzipes heraufbeschwor.

Auch auf Südamerika fand die Monroedoktrin in den 40er Jahren eine Anwendung. Brasilien hatte 1844 England und Frankreich um Unterstützung angerufen mit der Absicht, Uruguay, welches durch einen Vertrag zwischen Brasilien und Argentinien als unabhängige Republik anerkannt worden war, gegenüber einem Angriff seitens Argentiniens zu schützen. Auf dieses Gesuch reagierten die beiden europäischen Mächte, indem sie gemeinschaftlich 1845 Buenos Aires blockierten. Gegen diese militärische Intervention protestierten die Vereinigten Staaten. Im März 1846 schrieb Buchanan, Polks Staatssekretär, an den amerikanischen Botschafter in Argentinien:

1) Moore VI § 937 p. 407-408.

2) Pétin p. 108.

Zeitschrift für Völkerrecht VII.

2

That Great Britain and France have flagrantly violated this principle (of non-interference) by their armed intervention on the La Plata is manifest to the whole world. Whilst existing circumstances (der Krieg gegen Mexiko) render it impossible for the United States to take part in the present war, yet the President desires that the whole moral influence of this republic should be cast into the scale of the injured party. We cordially wish the Argentine republic success in its struggle against foreign interference" 1).

Mit dem Jahre 1850 kommen wir zu der kritischsten Etappe der ganzen Geschichte der Monroedoktrin. Nicht dass diese in jener Zeit mehr als in mancher anderen von europäischen Mächten bedroht worden wäre, vielmehr war es die Regierung der Vereinigten Staaten selbst, welche gegen ihre alte Tradition bei zwei Gelegenheiten verstiess. Diese Verstösse richteten sich gegen das bewährte und sonst immer eingehaltene Prinzip der Union, sich nie mit europäischen Staaten zu verbinden, um über rein amerikanische Angelegenheiten zu entscheiden. Dieses Prinzip ist natürlich ein Teil des in der Monroedoktrin enthaltenen. Die in Betracht kommenden Fälle sind:

1. der Clayton-Bulwer Vertrag mit England von 1850 und 2. die sogenannte „Tripartite Intervention" auf Santo Domingo von 1850-1851.

Von dieser letzteren soll zuerst gesprochen werden.

Da die Dominikanische Republik auf der Insel Santo Domingo von ihrem Nachbar, dem Negerkaiserreich Haiti, in einem äusserst brutalen Krieg mit der Vernichtung bedroht war, bat sie gleichzeitig sowohl die Vereinigten Staaten, als auch England und Frankreich um Hilfe. Um wieder geordnete Zustände auf der Insel herzustellen, wurde zwischen dem amerikanischen Staatssekretär Clayton und dem englischen und dem französischen Botschafter in Washington der Plan zu einer gemeinsamen Intervention gefasst. Diese wurde auch erfolgreich durchgeführt, und die beiden krieg führenden Parteien mussten die strittigen Fragen friedlich durch die Vermittelung der drei intervenierenden Grossmächte ausgleichen 2). Bemerkenswert ist auch, dass die amerika

1) Moore VI § 941 p. 422-23.

*) Moore VI § 960 p. 509-14.

nische Regierung einem Teil ihrer Flotte den Auftrag erteilte, betreffs der Angelegenheit auf Santo Domingo mit den Flotten Englands und Frankreichs zu kooperieren.

Obgleich keine der drei Mächte versuchte, für sich aus der Intervention einen direkten Gewinn zu erzielen, und die ganze Sache sehr glatt verlief, so ist sie doch als ein Verstoss gegen jene Tradition der Vereinigten Staaten, wie schon gesagt, sehr bedeutungsvoll.

Von sehr schweren praktischen Folgen für die amerikanische auswärtige Politik war dagegen der oben genannte ClaytonBulwer Vertrag. Während die Intervention auf Santo Domingo lediglich einen Verstoss gegen das Prinzip, niemals mit einer europäischen Macht gemeinsame Sache zu machen, bedeutete, so war dieser Vertrag zugleich auch eine Anerkennung des Rechtes eines europäischen Protektorates über eine amerikanische Unternehmung und somit eine direkte Verneinung der Monroedoktrin.

Der Vertrag bezog sich auf den geplanten Nicaraguakanal, welcher den Atlantischen mit dem Stillen Ozean verbinden sollte. Obgleich der Plan eines solchen Kanals nicht neu war, so hatte die Aneignung Kaliforniens durch die Vereinigten Staaten im Jahre 1848 das Interesse an einem solchen Verkehrsweg ausserordentlich gesteigert.

Da man nun meinte, das Kapital zu einem derartig ungeheuern Unternehmen müsse von Europa kommen, schloss man jenen verhängnisvollen Vertrag mit England. Die betreffenden Verhandlungen wurden einerseits von dem amerikanischen Staatssekretär Clayton und andererseits von dem englischen Botschafter in Washington, Bulwer, geführt 1). Wie wir aus dem einführenden Paragraphen ersehen, ist das Objekt des Vertrages a ship-canal, which may be constructed between the Atlantic and Pacific Oceans by the way of the river San Juan de Nicaragua, and either or both of the lakes of Nicaragua or Managua, to any port or place on the Pacific Ocean". Die zwei entscheidenden Punkte des Vertrages selbst sind:

1. Die Vereinigten Staaten und England übernehmen das gemeinschaftliche Protektorat über den Kanal und garantieren gemeinschaftlich seine Neutralität;

1) Moore Vol. III p. 130 ff.

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