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aus der Natur einer Ware als Konterbande oder aus einer Blockadeerklärung ergäben.

Darauf gab der Vorsitzende der englischen Versicherungsanstalt Lloyds Sir Edward Beauchamp im Namen der englischen Versicherer folgende interessante Erklärung ab, die hier wörtlich wiedergegeben werden soll:

"

Die Underwriters (englische Versicherer) haben sich sehr viel mit der Frage der Bezahlung von Schäden für Waren beschäftigt, welche den Untertanen eines feindlichen Staates gehören, und das Komitee der „Lloyds" hat von seinen Rechtsanwälten ein Gutachten eingeholt, dessen wichtigste Punkte ich mir nachstehend auseinanderzusetzen gestatte:

1. Nach Erklärung eines Krieges zwischen England und einem andern Staate sind alle Verträge zwischen englischen Staatsangehörigen und Untertanen des kriegführenden Staates solange wirkungslos, als nicht der Krieg beendet ist.

2. Demgemäss bleibt auch die Haftung der englischen Versicherer aus Policen, welche in Friedenszeiten zugunsten von Angehörigen des anderen kriegführenden Staates ausgefertigt wurden, für alle während des Krieges eintretende Schäden in Schwebe; insofern es sich um Schäden handelt, welche aus solchen Policen vor der Kriegserklärung eingetreten sind, können die englischen Versicherer verlangen, dass alle gegen sie erhobenen Ersatzansprüche . bis zum Friedensschluss in Schwebe bleiben.

3. Das Gesetz verbietet jedoch den englischen Versicherern nicht, den Angehörigen des anderen Staates auch zu Kriegszeiten Ersatz für Schäden zu leisten, welche die letzteren, sei es vor, sei es während des Krieges erlitten haben, sofern die englischen Versicherer dies für angezeigt erachten; wenn sie demgemäss handeln, so verletzen sie kein Gesetz und machen sich auch in keiner Weise strafbar 1). Im Falle eines Verlustes, den die Angehörigen des anderen Staates vor der Kriegserklärung erlitten haben, sind die englischen Versicherer unbedingt berechtigt, die Suspension aller gerichtlichen Schritte bis zur Wiederherstellung des Friedens zu verlangen. Wenn sie jedoch gegenüber einer gegen sie angestrengten Klage ein solches Verlangen nicht ausdrücklich in Form einer Klageseinwendung erheben, so werden die Gerichte auch während und unbeschadet des Krieges den Prozess ordnungsmässig durchführen.

1) Diese Erklärung ist recht interessant und wird bei einer nochmaligen Erörterung des Problems nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Insbesondere Kohler (Zeitschrift für Völkerrecht I S. 365) hat mit Rücksicht auf den ganzen Geist und Sinn der englischen Rechtssätze über diese Frage betont, sie wären wohl von Amts wegen zu berücksichtigen und könnten durch Vertrag nicht abgeändert werden. Übereinstimmend Wehberg a. a. O. S. 203. Dieser Standpunkt wird auch heute noch für richtig gehalten werden müssen, trotz der gegenteiligen Ansicht mancher Juristen.

Meiner Ansicht nach ist der Ursprung zu dem vorstehend dargestellten rechtlichen Zustande in den klaren Entscheidungen zu suchen, welche der englische Gerichtshof während der napoleonischen Kriege gefällt hat, und insoweit nicht einschlägige Entscheidungen im Laufe der letzten Jahre vorgekommen sind, besteht augenscheinlich bei den englischen Gerichtshöfen die Tendenz, diese Normen, welche in einem Zeitpunkte entstanden sind, in dem die Verhältnisse des nationalen Handels einschliesslich der Seeversicherung ganz andere waren wie heute, auch auf die gegenwärtigen Verhältnisse strikte anzuwenden.

In meiner Eigenschaft als Präsident der Lloyds möchte ich folgende Feststellungen vornehmen:

1. Ich bin darüber informiert, dass die Statistik keine Fälle aufweist, in welchen die englischen Versicherer sich geweigert hätten, einen Seeversicherungsschaden unter irgendwelchen der von mir vorhin angeführten Verhältnissen anzuerkennen.

2. Meine Aufmerksamkeit wurde auf einen Artikel gelenkt, welcher kürzlich in der auswärtigen Presse erschienen ist und in welchem erklärt wurde, dass nicht allein die englischen Versicherer nicht verpflichtet sind, Angehörige eines fremden Staates für Verluste während des Krieges zu entschädigen, selbst wenn die Police vor der Kriegserklärung ausgestellt worden war, sondern dass sogar eine solche Zahlung ungesetzlich wäre. Diese Erklärung ist eine irrtümliche Wiedergabe einer Antwort des englischen Seerechtskomitees auf eine Rundfrage und ist auch ungenau. Sie widerspricht dem von mir vorstehend betonten Standpunkte, welcher ohne jeden Zweifel feststellt, dass die englischen Versicherer nicht behindert sind, Angehörigen eines anderen Staates in Zeiten des Krieges Entschädigung für während oder vor dem Kriege erlittene Schäden zu leisten; um so unrichtiger und vollkommen absurd ist die Behauptung, dass die Krone implicite ein Recht hätte, Geschäfte mit Angehörigen des feindlichen Staates zu verbieten. Dieser Behauptung wurde schon in der interessanten Beantwortung des Herrn Loder auf die von der Dutch Association" (Holländische Vereinigung) vorbereitete Rundfrage entgegengetreten, welche feststellt, dass die Gesetze unwirksam sind, wenn sie mit den Grundsätzen des guten Glaubens und mit der Vorstellung all dessen, was gerecht und sinngemäss ist, kontrastieren". Der Standpunkt, welchen die englischen Versicherer eingenommen haben und welchen sie auch aufrechtzuerhalten die ausdrückliche Absicht haben, geht dahin, dass kein Seeversicherungsvertrag von ihnen deshalb für unwirksam erklärt werden darf, weil er Waren eines Feindes deckt, sondern dass alle diese Verträge während des Krieges wie in Friedenszeiten getreu aufrechterhalten werden, und ich kann aus meiner eigenen Überzeugung hinzufügen,

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dass dieser seitens der englischen Versicherer eingenommene Standpunkt der einzige ist, welcher sich mit den wirklichen Grundsätzen der Ehrlichkeit und des guten Glaubens verträgt".

Darauf bat Dr. Gütschow (Deutschland) um Präzisierung des englischen Rechtsstandpunktes nach zwei Richtungen hin: 1. Werde eine Klage vor englischen Gerichten in dem Falle zugelassen, wo der Versicherungsvertrag vor Ausbruch des Krieges abgeschlossen, die Versicherungssumme aber während des Krieges fällig geworden sei? 2. Wie sei zu entscheiden, wenn der Versicherungsvertrag während des Krieges geschlossen worden?

Barrister Acland (England) verwies bezüglich der ersten Frage auf die Erklärung Beauchamps. Für den zweiten Fall, meinte er, sei es zweifellos, dass derartige Verträge nach englischem Rechte nichtig seien. Schliesslich wurde einstimmig eine Resolution gefasst, wonach es wünschenswert sei, wenn über die fraglichen Punkte eine internationale Verständigung erzielt würde.

Damit wurden die Verhandlungen geschlossen.

An Stelle Beernarts wurde Charles le Jeune zum Präsidenten und Louis Franck zum Vizepräsidenten gewählt.

VI. Literatur.

Besprechungen von Josef Kohler.

Karl Windisch: Die völkerrechtliche Stellung der deutschen Einzelstaaten, Verlag Gustav Fock, G. m. b. H., Leipzig (1913).

Das deutsche Bundesrecht gibt mehr als das Recht der meisten anderen Bundesstaaten seinen einzelnen Gliedern die Möglichkeit völkerrechtlicher Betätigung. Im allgemeinen sind die Einzelglieder eines Bundesstaates völkerrechtlich mehr oder weniger geschäftsunfähig. In Deutschland aber ist ihre Geschäftsfähigkeit nicht völlig absorbiert, und die Einzelstaaten behalten einen Fond von Geschäftsfähigkeit, der es ihnen ermöglicht, im völkerrechtlichen Verkehr eine Rolle zu spielen. Wie weit dies reicht, ist vielfach streitig. Der Verfasser nimmt beispielsweise an, dass die Personalunion eines deutschen Einzelstaates mit einem ausländischen Staate zulässig sei, dagegen nicht eine Realunion. Dem ist zuzustimmen, da die Realunion nicht nur eine Zufallsvereinigung ist, sondern eine innige Rechtsverschmelzung bewirkt und damit eine so vielseitige Beziehung zum Auslande herbeiführt, wie sie bei keinem Gliede eines Bundesstaates geduldet werden kann, solange dieser die völkerrechtliche Gesamtleitung in der Hand behalten will.

Zeumer: Quellensammlung zur Geschichte der Deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit, Verlag J. C. B. Mohr, Tübingen (1913).

Die vortreffliche Sammlung, welche, wie ich hoffe, dazu beitragen wird, ein gründliches Studium des älteren deutschen Reichsstaatsrechtes zu beleben, erschien in neuer Auflage. Die goldene Bulle ist jetzt nach der Ausgabe Zeumers wiedergegeben; der westfälische Frieden nach der Ausgabe von Philippi. Von besonderem Interesse

sind die in Nr. 77 f. enthaltenen Urkunden aus der Zeit des Interregnums, sodann Nr. 143 die Verfügung Kaiser Ludwigs über den Gebrauch des römischen Rechts, und auch am Schlusse die Nr. 220 die Zusammensetzung des deutschen Reichstages im Jahre 1792. Es ergibt sich daraus, dass auch die drei kleinen Ortenauer Städte Offenburg, Gengenbach und Zell noch damals auf der schwäbischen Bank am Reichstag teilnahmen.

Hans Bögli: Beiträge zur Lehre vom ius gentium der Römer. Verlag A. Francke, Bern (1913).

Cicero identifiziert an zwei Stellen de harusp. resp. 32 und de officiis 3,23 das ius gensum mit dem ius naturae und versteht eben darunter das ungeschriebene Recht, das als Weltrecht unter allen Völkern massgebend wäre. Die Studien des Verfassers bieten in dieser Beziehung mehrere für die Entwickelung des Naturrechts interessante Gesichtspunkte.

Maximilian Fliegenschmidt: Deutschlands Orientpolitik, Teil I. Verlag Puttkammer & Mühlbrecht, Berlin (1913).

Ob die Bismarcksche Politik in bezug auf den Balkan richtig war, wie es sich namentlich in der Berliner Konferenz kundgab, darüber werden manche Zweifel erlaubt sein, jedenfalls aber ist es von hervorragender Bedeutung, diese Politik von früheren Jahren her zu verfolgen, und dazu gibt die anliegende Schrift eine reichliche Fülle von Materialien.

Ankündigung:

Ercole: Collucio Salutati, Tractatus de Tyrannis.

Dieser wichtige Traktat, welcher in 5 Handschriften vorhanden ist, wird Ercole herausgegeben und eingehend historisch und juristisch er

von

örtert; ich werde ihn mit einem Geleitwort versehen. Er stammt ungefähr um das Jahr 1400 und geht von der Frage aus, welche in jener Zeit eine Haupt- und Kernfrage war, ob Dante Recht hatte, Brutus und Cassius im Inferno so

schlecht zu behandeln. Das führt ihn zur Frage, ob Cäsar als Tyrann zu betrachten ist und zur Diskussion über die Natur der Tyrannis, die auf Aristoteles zurückgeht und das Mittelalter stark bewegt hat.

Die Ausgabe ist bereits im Druck.

Besprechung von

Dr. Richard Lehmann, Frankfurt a. Main.

The Panama Canal Conflict between Great Britain and the United States of America. A study by L. Oppenheim, Cambridge, at the University Press (1913), 57 S.

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Der Panamakanalkonflikt in seiner jetzigen Form als Streit über die Kanalabgaben - die Befestigungsfrage ist gelöst hat die seiner Bedeutung für das internationale Schiffahrtsrecht entsprechende Würdigung in der Literatur bislang nicht gefunden. Die Oppenheimsche Studie bildet, wenigstens in Europa, die erste monographische Bearbeitung des Problems. Die Vorgeschichte des Konflikts, über den auch im Schlussheft des 6. Bandes Kaufmann1) und im Rahmen der Chronik Strupp) berichtet haben, ist bekannt. Nach Darstellung der offiziellen beiderseitigen Auffassungen gibt Verfasser zunächst den Inhalt des die Bill begleitenden Taftschen Memorandums wieder. Den Ausführungen in diesem wird entschieden entgegengetreten, besonders der Darstellung, dass die Vereinigten Staaten das Recht zur Durchfahrt durch den Kanal und die Gleichheit in der Behandlung der Durchfahrenden nur als eine bedingte Meistbegünstigung bewilligt hätten. Niemals, meint Oppenheim, hatten die Vereinigten Staaten das Recht besessen, den Schiffen fremder Nationen die Erlaubnis zu verweigern, den Kanal unter gleichen Bedingungen wie sie selbst zu benutzen. Nur auf dieser Grundlage war England damit einverstanden, dass an Stelle des ClaytonBulwer-Vertrages von 1850 die Bestimmungen des Hay-Pauncefote-Vertrages traten; war doch der einzige Anlass für England, in diese An

1) Bd. 6 S. 407 ff.

derung einzuwilligen, der gewesen, Hindernisse, die dem Kanal bau unter dem alten Vertrag entgegenstanden, zu beseitigen, ohne dass das Prinzip der Neutralität eine Abweichung hätte erfahren sollen. Bei Abschluss des Hay-Pauncefote-Vertrages waren die Vereinigten Staaten noch nicht Souveräne der Kanalzone, eine bestimmte Kanalroute war noch gar nicht ins Auge gefasst, so dass sie damals fremden Nationen an ihrem Kanal überhaupt kein Meistbegünstigungsrecht einräumen konnten. Wäre es zutreffend, dass die Vereinigten Staaten, wie sie behaupten, nunmehr als Souveräne uneingeschränkt den Kanal benutzen dürften, so könnten sie schliesslich auch feindliche Handlungen im Kriegsfall in ihm vornehmen, Truppen darin ein- und ausschiffen, Kohlen und Proviant aufnehmen, kurz die ganzen Neutralitätsgrundsätze zunichte machen. Gerade aber die Neutralität des Kanals zu garantieren, war bei den Vertragsverhandlungen leitender Gesichtspunkt, wie auch die Regelung der Neutralität aus dem Suezkanalvertrage übernommen ist. Als weiteres Argument zitiert Oppenheim die Worte des Art. 3 des HayPauncefote-Vertrages: free and open to the vessels of all nations". Unter allen Nationen sind auch die Vereinigten Staaten mit inbegriffen. Wenn die Vereinigten Staaten dementgegen erklären, unter all nations" seien alle fremden Nationen gemeint, so fragt Oppenheim mit Recht, welche Auslegung die Vereinigten Staaten diesen Worten wohl beigelegt hätten, wenn sie nicht zwei Jahre nach Abschluss des Hay-Pauncefote-Vertrages Souve

2) Bd. 6 S. 572 f.

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