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Alle diese Fragen wurden bis zum 24. Februar 1804 erledigt, allerdings mit einer Unterbrechung von August 1799 bis Februar 1802, die durch diplomatische Schwierigkeiten infolge Abbruchs der Verhandlungen in Philadelphia (s. o.) verursacht worden war. Die Entscheidung lautete dahin, dass die englische Regierung 11650000 Dollars an die Vereinigten Staaten und letztere 143428 Dollars an England zahlen sollten: „aber obgleich diese Summe verhältnismässig klein war, so wurde doch durch ihre Zahlung der Grundsatz aufgestellt, dass eine Regierung Schadensersatz für Verletzung der neutralen Pflichten zu leisten hat; dies wurde die Grundlage für den Schiedsspruch, welcher 1872 in Genf gefällt wurde" 1).

Seit dieser Zeit wird wenn wir von den Streitigkeiten infolge des rigorosen Vorgehens Englands absehen, welches zu dem Kriege von 1812 führte - die Schiedssprechung das übliche Mittel zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Vereinigten Staaten und England, wenn diese nicht auf diplomatischem Wege beigelegt werden konnten.

Der den soeben genannten Krieg beendigende Frieden von Gent vom 24. Dezember 1814 sah die Einsetzung von 3 Schiedsgerichten vor:

1. Für Entscheidung über Eigentum an gewissen Inseln in der Pasamaquoddy-Bay und in der Bay of Fundy;

2. Festsetzung der Grenze der Vereinigten Staaten von der Quelle des St. Croix bis zum St. Lorenzstrom und

3. Grenzfestsetzung längs des mittelsten der Grossen Seen und ihrer Wasserverbindungen nach dem nordwestlichsten Punkte des Lake of the Woods.

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Da es England mit der im Genter Frieden übernommenen Verpflichtung, keine Sklaven oder anderes Privateigentum" von amerikanischem Gebiete fortzubringen, nicht allzu genau nahm, so entstanden 1818 neue Schwierigkeiten zwischen der Union und der englischen Regierung. Man einigte sich schliesslich dahin, die Angelegenheit dem Zaren Alexander I. von Russland zu unterbreiten, welcher am 22. April 1822 sein Urteil zugunsten der Vereinigten Staaten abgab. Am 12. Juli 1822 schloss England

1) Moore a. a. O. S. 207; Über den Schiedsspruch von Genf vgl. unten.

mit den Vereinigten Staaten eine Konvention ab, derzufolge die Entscheidung des Zaren in Kraft gesetzt wurde 1). Obgleich bereits in demselben Jahre eine gemischte Kommission zusammentrat, um die Entschädigungssumme festzustellen, die England der Union zahlen sollte, so gingen die Verhandlungen doch nur sehr langsam vorwärts; und als 1826 die Angelegenheit noch nicht erledigt war, schlossen die beteiligten Staaten unter dem 13. November einen neuen Vertrag zur Ausführung der Konvention und des Schiedsspruches von 1822.

Aber noch waren nicht alle Schwierigkeiten des Genter Friedens gehoben; wieder entstanden Streitigkeiten über die Nordostgrenze zwischen den Vereinigten Staaten und den angrenzenden englischen Besitzungen, die zu einer neuen Konvention vom 27. September 1827 führten. Aber auch diese brachte nicht die gewünschte Erledigung herbei, und so übertrug man die Sache 1830 dem Könige der Niederlande zur Entscheidung, welcher am 10. Januar 1831 sein Urteil zuungunsten der Union fällte 2). Infolgedessen reichte der amerikanische Gesandte im Haag einen Protest ein gegen diesen Spruch, „da er von der Vollmacht abwich, welche die hohen vertragschliessenden Teile dem Schiedsrichter übertragen haben". Nachdem auch der Senat den ihm unterbreiteten Spruch mit einer Stimmenmehrheit von 35:8 verworfen hatte 3), und die englische Regierung ihrerseits anerkannt hatte, dass der Schiedsspruch mehr eine Empfehlung als eine Entscheidung war“ 4), einigten sich die beiden Regierungen dahin, die Entscheidung aufzuheben und regelten die Angelegenheit durch den WebsterAshburton-Vertrag 5).

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1853 schlossen England und die Vereinigten Staaten eine Konvention zur Entscheidung über alle ausstehenden Ansprüche zwischen diesen Nationen. Die hierauf in London zusammentretende Kommission traf viele wichtige Entscheidungen, so z. B.

1) Vgl. Bridgman, The first book of world law, 1911, S. 74.

2) Vgl. Moore, Arbitrations I S. 119 ff.

3) Präsident Jackson war geneigt, den Spruch anzuerkennen. (Vgl. Moore, Digest of International Law VII, S. 60.)

4) Moore, Arbitrations I S. 122.

5) Vgl. Moore, Amer. Diplom. S. 208; Digest of Internat. Law VII, S. 60; Bridgman, the first book of world law, 1911, S. 74 ff.

über die Angelegenheit des Schiffes Creole", die 1842 beinahe zum Kriege geführt hatte.

Durch einen Gegenseitigkeitsvertrag von 1854 wurden die fortwährend von neuem entstehenden Streitigkeiten über die Nordost-Fischerei einem Schiedsgerichte unterbreitet, welches feststellte, welche Fischereirechte den Angehörigen der beiden Staaten ausschliesslich vorbehalten sein sollten. Wenn auch die Regelung keine endgültige war, wenn wir auch bis in die neueste Zeit hinein immer wieder Streitigkeiten über diese Frage begegnen, so hat doch dieser Vertrag für eine ganze Reihe von Jahren diesen strittigen Punkt aus der Welt geschafft.

Ein 1863 eingesetztes Schiedsgericht entschied über die Ansprüche der Hudson Bay Company und Pugets Sound Agricultural Company gegen die Vereinigten Staaten für Entschädigungen an Eigentum und Rechten gemäss dem Vertrage von 1846, durch den die Grenzen zwischen den Vereinigten Staaten und den englischen Besitzungen westlich der Rocky Mountains festgelegt worden waren. Während dieses Schiedsgericht noch tagte, entstanden ernstere diplomatische Verwickelungen durch die San-Juan-Flussgrenze, die dann später auch einem Schiedsgerichte unterbreitet wurde, auf das wir weiter unten zurückkommen werden.

Wir kommen nunmehr zu der sogenannten Alabama-Frage, die ein bemerkenswerter praktischer Fortschritt des Prinzips der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und ein grosser Triumph derselben wurde" 1), auf die wir wegen der ihr allgemein beigemessenen Bedeutung im folgenden etwas genauer eingehen wollen 2).

Der Grund des Streites lag in dem - nach amerikanischer Ansicht neutralitätswidrigen - Verhalten Englands während des amerikanischen Bürgerkrieges. Damals waren in englischen Häfen Kaperschiffe (die „Alabama", „Florida" und "Shenandoah") ausgerüstet und den Südstaaten zur Verfügung gestellt worden. Aber „die Bedeutung des Streitgegenstandes lag nicht nur in der Höhe

1) Tettenborn, Das Haager Schiedsgericht, 1911, S. 9.

2) Foster, A Century of American diplomacy, 1900, S. 424: „The settlement of the question arising out of the Alabama Claims was the most important arbitration in which the United States ever engaged, the most august and impressive ever held in the world, and the most lasting in its influence on other nations.

der strittigen Summe, sondern auch darin, dass es sich nicht um einfache Forderungen von Privaten handelte, vielmehr die Ehre zweier grosser Völker engagiert war" 1). So hatte Lord Russell 1863, als die Vereinigten Staaten die Alabama-Frage einem Schiedsgericht unterwerfen wollten, erklärt, dass die strittigen Fragen die Ehre Englands beträfen, und über diese habe die englische Regierung allein zu wachen 2). Die Lage spitzte sich immer mehr zu, die Eifersucht der Nationen erschwerte den Streit, da sich die öffentliche Meinung in beiden Ländern in höchster Erregung befand, und es schien, als wäre ein Bruch unvermeidlich. Schliesslich schloss man einen Vertrag zu London am 14. Januar 1869, demgemäss jede Partei zwei Schiedsrichter ernennen sollte, die ihrerseits einen Obmann zu wählen hatten, um über die Zivilforderungen zu entscheiden. Diese Konvention wird von den Vereinigten Staaten abgelehnt, und so sah man sich wiederum vor langdauernde und schwierige Verhandlungen gestellt, die nach harten Kämpfen am 8. Mai 1871 zum Vertrage von Washington führten. Dieser überwies auch andere noch unentschiedene strittige Fragen der Rechtsprechung von 4 Schiedsgerichten, die grösste Zahl, die jemals in einer einzelnen Konvention festgesetzt wurde; deswegen und wegen der Bedeutsamkeit der unterbreiteten Fragen war dies unzweifelhaft der grösste Schiedsvertrag, den die Welt jemals gesehen hat“ 3). Besonders wichtig war von diesen 4 Schiedsgerichten dasjenige, welches am 15. Dezember 1871 zu Genf seine Sitzungen eröffnete und über die als „Alabama-Claims" zusammengefassten Ansprüche entscheiden sollte. Dieses Gericht war folgendermassen besetzt: Charles Francis Adam als amerikanischer und Sir Alexander Cockburn als englischer Delegierter; die übrigen 3 Richter wurden vom König von Italien, vom Präsidenten der Schweiz und dem Kaiser von Brasilien ernannt; Vicomte Frédéric Sclopsis, Jacques Stämpfli und Graf d'Ibajuba 1).

1) Revon, L'arbitrage international, 1893, S. 327.

2) Vgl. Moore, Amer. Diplom. S. 222; Foster, Arbitration and the Hague court, 1904, S. 52.

3) Moore, Amer. Diplom. S. 210.

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4) Der Vertrag von Washington besagte: Art. 1 Whereas differences have arisen between the government of the United States and the government of Her Britanic Majesty The High Contracting Parties agree that all the said claims . . . shall be referred to a Tribunal of Arbitration to be composed of five Arbitrators to be appointed in the following manner. . Art. 2 „The

Die von der amerikanischen Regierung vorgelegten Ansprüche betrafen folgende 5 Punkte:

1. Direkter Verlust infolge Zerstörung von Schiffen und ihrer Ladung durch Kreuzer der Südstaaten,

2. Nationale Ausgaben zur Verfolgung dieser Schiffe,

3. Verlust infolge der Übertragung von Transportgeschäften von der amerikanischen Handelsflotte auf Schiffe englischer Flagge,

4. Erhöhte Versicherungszahlung,

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5. Verlängerung des Krieges und Vermehrung der Kriegskosten 1). Die englische Regierung lehnte jedoch die Kompetenz des Schiedsgerichts für die Punkte 3, 4 und 5 ab, da diese „national or indirect claims" behandelten und eine eventuelle Verurteilung zur Schadensersatzzahlung die schwersten Folgen für den englischen Staatsschatz hätte haben können, ja infolge ihrer voraussehbaren Höhe England an die Schwelle des Staatsbankrotts geführt hätte. Sie weigerte sich daher, die Verhandlungen fortzusetzen, bis diese Forderungen ausgeschlossen seien. Dies lehnten jedoch die Vereinigten Staaten ab unter dem Hinweise, dass es ihr gutes Recht wäre, diese vor das Schiedsgericht zu bringen". Aber das Schiedsgericht selbst nahm von der Entscheidung dieser Punkte Abstand, mit der Begründung, dass sie nach den Regeln des Völkerrechts nicht geeignet sind, die Grundlage für eine Kompensation zu geben, und dass sie von der Beratung ausgeschlossen bleiben sollten“ 2). Am 14. September 1872 erfolgte der Schiedsspruch: mit einer Majorität von 3:2 wurde entschieden, dass die unter 2. genannten Kosten nicht von den allgemeinen zu scheiden wären, und dass die Vereinigten Staaten für diese keine Entschädigung erhalten sollten. Dagegen hätte England für die

Arbitrators.. shall proceed impartially and carefully to examine and decide all questions". Jede Partei soll eine Person ernennen as its Agent to represent it generally in all matters connected with the arbitration".

Von besonderer Wichtigkeit war Art. 6, der 3 rules" aufstellte, die für jeden neutralen Staat verbindlich seien und dem Schiedsgericht bei der Fällung seines Urteils als Richtschnur zu dienen hätten".

England erkennt diese Rules jedoch nicht an „as statement of principles of international law which were in force at the time when the claims mentioned arose".

1) Vgl. Moore, Amer. Diplom. S. 211.

2) Moore, Amer. Diplom. S. 211.

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