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Säße und die missourische Theologie und Geistesrichtung anzunehmen habe. . . . Was für ein Interesse hat das Gemeindevolk an den Spekulationen und theologischen Säßen über Bekehrung, Gnadenwahl usw.?" Der Verfasser des Artikels weist auch darauf hin, daß die Gemeinden der verschiedenen Synoden durch gemeinschaftliche Veranstaltungen der Vereinigung um ein beträchtliches Stück näher gekommen seien. „Lutheraneren“ betonte am 11. August 1909 redaktionell, daß eine Einigkeit in allen Punkten von seiten aller Beteiligten niemals erreicht werden könne. Sei das das Ziel, so seien die Vereinigungsversuche reine Zeitvergeudung. Ein andermal heißt es: „Die Demut ist die Hauptsache“; die Verhandlungen zwischen den Synoden hätten schon bewiesen, daß kein Lehrunterschied zwischen den Synoden besteht, der die Verschmelzung derselben verhindern sollte". Im Jahre 1911 führte ein Artikel in „Lutheraneren“ aus (S. 1320 ff.), der Streit sei um Fragen geführt worden, „zu denen ein lutherischer Christ gar keine bestimmte Stellung einzunehmen brauche". Es wird der Spruch angeführt, der von jeher im Interesse des Indifferentismus mißbraucht worden ist, daß nämlich selbst der große Apostel sage, „unser Erkenntnis sei Stückwerk". Je nach dem Charakter und der Anlage des einzelnen erscheine eben das Licht der göttlichen Wahrheit in verschiedenen Farben und in verschiedener Stärke. Unwissende Kleinig= feitskrämer plapperten nach, was sie von ihren Lehrern hörten; doch müsse man eben solche Leute tragen, sie seien in allen beteiligten Synoden zu finden. Die verschiedenen Auffassungen, die sich im Rahmen der Katechismuswahrheit finden, ergänzen, erklären und verschönern einander; alle diese Differenzen aber vereinigen sich zu einem harmonischen Ganzen in JEsu Christo.“ Man solle nur, so heißt es da, sich beiderseitig lossagen vom Synergismus und vom Kryptocalvinismus. So komme man dem Ehrgefühl beider Parteien entgegen; die eine könne sich es zur Ehre anrechnen, daß sie sich gegen die Lehrweise der Missourier verwahrt, die andere Partei, daß sie niemals kryptocalvinistischen Anschauungen am Schluß des 19. Jahrhunderts gehuldigt habe. . . . Keiner würde da gesiegt haben, keiner unterlegen sein, keiner erhöht, keiner erniedrigt, keiner brauchte den andern für begangene Fehler um Verzeihung zu bitten. Der ganze Lehrstreit würde mehr oder weniger als ein Mißverständnis angesehen werden; denn beide hätten blaue Brillen aufgehabt, und jeder habe daher dem andern blau ausgesehen". Dieselbe Forderung kam im United Lutheran (1911, S. 72) in einem Redaktionsartikel zum Ausdruck. Es heißt da: "An unequivocal rejection of synergism on the one hand, and of Calvinism on the other; an unequivocal ascription of glory and honor to God alone for grace in Christ that turns to righteousness, and gives him life and salvation - these and other plain truths connected with the doctrines of predestination, conversion, and the Word of God should clear away much misunderstanding,

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and help us to agree. forgiving one another."4)

Let us confess our sins one to another,

Genau dieser Gedanke nun ist in den Madisoner Thesen zur Ausführung gekommen. Da wird ja bestätigt, daß die Synoden in der Lehre einig seien, und daß es daher besonderer Säße über die umstrittenen Lehrpunkte nicht bedürfe; man brauche sich bloß vom Synergismus und Calvinismus loszusagen. Auch gerade die Formulierung der ersten zwei Thesen war schon zwei Jahre vor der Versammlung des Komitees in Madison in einem Lutheraneren" Artikel in Vorschlag gebracht worden. Es heißt da (1910, S. 881): „Wenn die Forenede Kirke die erste Lehrform in der Gnadenwahl anerkennt, und die Norwegische Synode die zweite Lehrform anerkennt, und beide Parteien zugestehen, daß es sich hier um einen der schwierigsten Glaubensartikel handelt, warum könnte man da nicht ohne Vorbehalt erklären, daß keine neuen Säße über die Gnadenwahl vonnöten seien?"

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In dem zuletzt angeführten Artikel, wie sonst öfters in Lutheraneren“, wird der Sah aus Joh. 17: „daß sie eins seien“ als Beweis dafür angezogen, daß eine äußere Vereinigung der Synoden Gewissenssache sei. Wer der Vereinigung, auch auf der ebengenannten Basis, entgegenstehe, handle gegen den Willen des HErrn der Kirche. Daß die Synoden getrennt dastünden, habe seinen Grund in Unwissenheit, Tyrannei, Unbeugsamkeit und fleischlichem Troz" (Luth. 1911, S. 1283). Es sei eine Sünde, daß man die Kirchen so auseinanderhalte. „Wohl gibt es einen sündlichen Unionismus, aber unschuldig ist auch nicht, wer sich steift zu einem bornierten Exklusivismus.“ Wiederum wird das „wir verstehen stückweise, wir verkündigen stückweise“ angeführt. Die Unionsbewegung habe schon ein gutes Resultat gezeitigt: „Das Kirchenvolk weiß, daß wir in allen wesentlichen (1) Stücken einig sind." Man solle nun die Erledigung der Sache erzwingen“, indem man sie in den Gemeinden zur Verhandlung bringt. „Unser Volk ist des Streitens müde." Als einen „Geist der Selbstgefälligkeit“ bezeichnet Lutheraneren" die Stellung der missourischen Richtung, daß man „keine Zugeständnisse zu machen habe; der Gegner habe einzulenken“. Etwas später heißt es in einem Artikel (Lutheraneren 1911, S. 1222): Eine Woge der Vereinigung hat sich angestaut und ergießt sich über unsere Gemeinden. . . . Gottes Volk, Pastoren, Lehrer und Gemeindeglieder, spürt eine geistliche und kirchliche Erweckung, will los sein von diesem kleinlichen Gezänke und dieser geistaufreibenden Rechthaberei“. „Wir müssen für Vereinigung arbeiten, weil es eine Sünde ist, getrennt dazustehen.“ Der Zusammenschluß der Synoden zu einer Körperschaft ist eine Ge

4) Das Lektgenannte ist in den Vereinigungsartikeln vom Jahre 1914 (fiche 2. u. W. 1914, 231) ausgeführt worden.

Der Artikel schließt mit einem Hinweis auf

wissensfrage". Joh. 17. In einem andern Eingesandt wird der Gedanke ausgesprochen: Ich glaube, es wäre das beste, wir überließen Gott die Gnadenwahl und kämen in brüderlicher Liebe zusammen.“ Ein anderes Eingesandt, vom 17. Mai 1911, betont, daß zur Einigkeit nur notwendig sei „die Zustimmung zu dem Bekenntnis unserer norwegischen Kirche", der Augsburgischen Konfession, „und dem Barnelärdom", also der Katechismusauslegung. Mehr als dieses zu fordern und Zustimmung zu den „Auslegungen, die unter dem Namen von Thesenreihen, Bekenntnissen usw. gehen“, zu verlangen, heißt zu viel fordern und den Frieden der Kirche beständigen Gefahren aussehen. . . . Dieselbe Einigkeit besteht jest zwischen unsern Kirchenkörpern, wie sie in der Kirche Norwegens von unsern Vätern als genügend anerkannt wurde. Was ihnen genügte, sollte uns genügen. Vollständige Einigkeit in der Lehre von der Gnadenwahl ist zwar nicht erreicht worden, ist aber unsers Erachtens auch nicht nötig“. Diese Zuschrift wurde von einer Pastoralkonferenz der Forenede Kirke unterzeichnet, darunter auch von einem Glied des späteren Opgjör"-Komitees.

Auch redaktionell führte „Lutheraneren“ aus, daß Leute nicht ge= trennt zu stehen brauchten, bis sie in allen Stücken der Lehre stimmten. „Gottes Wort sagt zu solchen nicht: Gehet aus voneinander, sondern: „Ein jeglicher sei in seiner Meinung gewiß, Röm. 14, 5.“ (Mit die= sem Bescheid an Christen, die über die Mitteldinge noch nicht zur rechten Erkenntnis gekommen waren, operierte man, um die Kluft zwischen einer Lehre, die Gott allein die Ehre gibt, und einer Lehre, die dem Menschen eine Mitwirkung in seiner Bekehrung zugesteht, zu überbrücken und die Differenz als nicht kirchentrennend hinzustellen.) Natürlich fehlt auch hier der Saß nicht, daß wir ja alle nur stückweise erkennen“. So wird schon 1910 die Differenz in einem eingesandten Artikel in Lutheraneren" ganz richtig dahin bestimmt, daß die Forenede Kirke lehre, der Mensch, und zwar jeder Mensch, have die Kraft zu wählen, wenn er Gottes Wort höre. Aber dann heißt es weiter: „Laßt uns alles kleinliche Gezänk einstellen und einander die Hand reichen zu brüderlicher Verbindung in der lutherischen Kirche und im lutherischen Bekenntnis." Auch hier folgt eine Bezugnahme auf Joh. 17: „daß sie eins seien“ mit der Deutung, daß dieses Gebet durch Vereinigung der Synoden zu einer Körperschaft erfüllt werde. Als das „Opgjör“ schließlich angenommen war, hieß es in „Lutheraneren“ vom 12. Dezember 1912 in einem Leitartikel: „Eine neue Generation ist in beiden Synoden aufgewachsen, die keinen definitiven oder bewußten Standpunkt hat, für den sie kämpfen sollte, und die im ,Opgjör genügenden Beweis findet, daß in den Punkten, über die gestritten worden ist, Einigkeit besteht." Diesem jüngeren Element wird in dem betreffenden Artikel das Lob dafür erteilt, daß man auf dem Wege der Vereinigung so weit fortgeschritten sei.

Doch wird festgehalten, daß die Forenede Kirke gar wohl ihre traditionelle Stellung in den Madisoner Thesen finden könne. Die Worte lauten: „Es gibt Leute in unserer Mitte, die den Streit von Anfang an mitgemacht haben, und die der festen überzeugung sind, daß sie ihren Standpunkt nicht geändert haben. Beide Parteien sind der überzeugung, daß sie auf dem ,Cpgjör gemeinschaftlich stehen können als auf einem Vereinigungsdokument, das alle strittigen Punkte deckt.5) Wir haben Einigkeit erreicht. Dafür danken wir Gott, und damit (Schluß folgt.)

sind wir zufrieden.“

G.

Pius X.

(Schluß statt Fortsetzung.)

Wenn in Deutschland ein betrunkener Student einen zur Ruhe mahnenden Nachtwächter anrempelt oder die Glasscheiben einer Straßenlaterne einwirft, und ein Polizist kommt dazu, so mag es geschehen, wenn er sich durch seine Legitimationskarte als Student ausweisen kann, daß er nicht auf die Polizeiwache geführt, sondern dem Universitätsgericht angezeigt und von diesem mit dem Karzer bestraft wird; kaum milder, als das Polizeigericht ihn bedenken würde. Diese „Ungleichheit vor dem Gesez“ ist herkömmlich; das „Recht“ nimmt daran keinen Anstoß, daß der Student nach den leges academicae in solchen Bagatellfachen gerichtet wird, so wenig als daran, daß der Soldat nach dem Militärstrafgeseh abgeurteilt wird. Auch daran nicht, daß gewisse Korporationen, etwa ärzte, unter sich bestimmte leges haben, nach denen. Handlungen, die der Staat nicht vor sein Forum zieht, vereinbarte Strafen und Bußzen nach sich ziehen. Alles dies sanktioniert und legalisiert vielmehr die Obrigkeit, indem sie diese Organisationen und ihre speziellen leges doch tros des Rechtsgrundsaßes Gleiches Recht für alle" in statu quo fortbestehen läßt. Würde es aber je einem Universitätsgericht einfallen, den Studenten, der im Trunk einen Nachtwächter erschlagen hat, oder einen, der sich frechen Einbruchs und Diebstahls schuldig machte, mit nur dreimonatiger Karzerstrafe zu belegen und dann zu relegieren, so würde es bald ausfinden, daß noch sonst jemand da ist, der den Delinquenten an der Karzertüre in Empfang nimmt, um weiter mit ihm zu reden. Und wenn wegen einer groben Missetat der Soldat aus dem Soldatenstand, der Arzt aus dem Kollegium der ärzte gestoßen wurde, so ist damit die Sache nicht zu Ende. Das Gleiche Recht für alle“ greift nach ihnen und vollzieht an ihnen die gesetzlich zuständige Strafe. Und das findet jedermann nur recht und billig.

Wie steht es aber in dieser Beziehung mit dem römischen Klerus? O ja, der hat auch seine speziellen Strafen und kirchlichen Straf

5) Sollte heißen: „nebeneinander stehen läßt"!

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anstalten, seine Pönitenzhäuser; der Weltklerus hat sie und die Klöster auch. Aber dabei lebt der römische Kleriker des Glaubens, damit solle es nun auch genug sein. Der Geistliche" wolle geistlich gerichtet sein“, und außer seinen geistlichen Vorgesezten" bis zum Papst hinauf habe kein Mensch das Recht, ihn vor sein Forum zu ziehen, kein Weltlicher, keine weltliche Obrigkeit. Es geschehe das ja zwar leider! hier und da; und solange man es nicht ändern könne, „,tolerari posse"; man lebe eben in ecclesia pressa; aber recht sei es eigentlich nicht. Es sei ein übergriff der weltlichen Gewalt in die geistliche, wenn sich vor der bürgerlichen Obrigkeit ein „Geistlicher“ verhören und aburteilen Lassen müsse wegen einer Paternitätsklage oder wegen Veruntreuung von Legaten ad pios usus oder ähnlicher Klagepunkte.

Diese mittelalterliche Anschauung des jus canonicum flingt auch noch in etwas heraus aus dem Dekret, welches zwar nicht Pius X. selbst, wohl aber auf seinen Befehl und mit seiner Gutheißung die Konsistorialkongregation am 20. August 1910 erlassen hat über die Entfernung der Pfarrer von Amt und Pfründe auf dem Verwaltungsweg". (,,MAXIME CURA SEMPER.")

Es heißt in diesem Dekret, daß das darin angegebene Verfahren sich nicht erstrecke auf in bürgerlich-strafrichterlichem Verfahren befindliche Pfarrer. Da hat in § 1 des Kanon XXXI der lateinische Tert des Dekrets die Worte: „,Si parochus in jus rapiatur, ut reus criminis" etc., was der deutsche Tert gewiß absichtlich mildernd wiedergibt mit den Worten: „Wenn ein Pfarrer in Anklage zustand verset wird unter der Beschuldigung eines Verbrechens, so kann, solange das strafrichterliche Verfahren gegen ihn schwebt“, nicht auf dem Verwaltungswege seine Entfernung von der Pfründe stattfinden. Es müsse erst der Ausgang des Gerichtsverfahrens abgewartet werden. Dies rapiatur" ist zu bezeichnend. Wem wird der Mann denn geraubt? Wem gehört er an? Offenbar der geistlichen Gerichtsbarkeit.

Doch das erwähnte Dekret verdient in mehr als einer Beziehung Beachtung.

Also auf dem Verwaltung 3 wege sollen gewisse Pfarrer von Ami und Pfründe entfernt werden können. Diese administrativa amotio ab officio et beneficio curato muß unterschieden werden von der amotio, welche geschieht vi juris canonici, wenn das crimen vorliegt, daß ein scelestus parochus die ihm anvertraute Herde verwüstet, so daß eine strafweise Abseßung, poenalis destitutio, eintreten muß. So soll die administrativa amotio nicht angesehen werden. Die hat nicht den Charakter einer Bestrafung des Pfarrers, sondern einer Maßregel zum Nußen der Gläubigen. Und für diese amotio waren. bisher die kanonischen Geseze haud plane certae perspicuaeque. Diesem übelstand will nun der Heilige Vater abhelfen. Es muß jezt deutlich werden, wer alles auf diesem Wege als absehbar und entfernbar

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