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Reichsgesehblatt

für die

im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder.

H. Stück.

Ausgegeben und versendet am 13. Jänner 1872.

Vertrag zwischen der k. und k. österreichisch-ungarischen und der kais. rusßischen Regierung vom 20. August 1864,

wegen Regulirung des Weichselstromes und des Sanflusses in den Gränzstrecken zwis schen dem Kaiserthume Desterreich und dem Königreiche Polen.

(Vereinbart zu Krakau am 20. August 1864, ratificirt von der . und . Regierung in Wien am 27. Mai 1871 und von der t. russischen Regierung in St. Petersburg am 1871.)

24. October 5. November

In Folge des zwischen der kais. österreichischen und kais. russischen Regierung im diplo matischen Wege erzielten Einverständnisses wurde im Zwecke der Regulirung des Weichselstromes und des Sanflusses eine internationale Commission eingesezt, und zwar von Seite der kais. österreichischen Regierung, im Grunde Decrets des kais. österreichischen Staatsministeriums vom 23. Jänner 1864, 3. 25279:

der t. t. Statthaltereirath Adolf Eckhardt,

der k. k. Ministerial-Bauinspector Gustav Wex.

Von Seite der kais. russischen Regierung in Folge Beschlusses des Administrationsrathes des Königreiches Polen vom 1. September 1863, Z. 24237:

20. August

der Inspector und Mitglied der Communicationsverwaltung im Königreiche Polen, Wilhelm von Kolberg,

der Sectionschef der technischen Abtheilung derselben Communicationsverwaltung, Wladislaw von Wierzbowski.

Die obgenannten Commissäre haben in Gemäßheit der ihnen von ihren beiderseitigen hohen Regierungen ertheilten Instruction in Ausführung des Eingangs erwähnten Zweckes nachstehende Vertragsbestimmungen festgescht:

§. 1.

Die beiden hohen Regierungen von Oesterreich und Rußland verpflichten sich hiermit gegenseitig, die als nothwendig erkannte, den beiderseitigen Uferstaaten wesentliche Vortheile

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in Aussicht stellende allgemeine Regulirung und Schiffbarmachung des Weichselstromes in den Gränzstrecken vom Niepołomice bis Zawichost und des Sanflusses in der Gränzstrecke von Korylówka bis Kopli nach dem gegenwärtig vereinbarten einheitlichen Regulirungs- und Operationsplane während eines Zeitraumes von 20 Jahren in Ausführung bringen zu lassen. Sollte es eine der beiden hohen Regierungen für angemessen befinden, diesen Termin abzukürzen, so werden die beiden hohen Regierungen in dieser Beziehung sich in das gegenseitige Einvernehmen seßen.

§. 2.

Mit der beabsichtigten Regulirung soll der Zustand der Weichsel und des Sanflusses in den vorerwähnten Gränzstrecken derart verbessert werden, daß auch bei kleineren Wasserständen von Ein Fuß unter Null des Krakauer (Podgórzer) Pegels, welche gegenwärtig einem Wasserstande von vier Fuß ober Null am Zawichoster Pegel entsprechen, die für die Schiffahrt nothwendige Wassertiefe in der Stromrinne von wenigstens drei Fuß österreichisches oder russisches Maß erzielt und zugleich die bisherigen bedeutenden Verheerungen der beiderseitigen Usergebiete durch die zu hohen Hochwasseranschwellungen und häufigen Eisverstopfungen möglichst beseitigt oder doch vermindert werden.

§. 3.

Die beabsichtigte Regalirung der Weichsel und des Sanflusses soll nach den von den beiderseitigen tchnischen Commissären vereinbarten, in den bezüglichen Situationsplänen mit blauen Linien eingezeichneten Normaltracen und mit den für die einzelnen Stromstrecken ermittelten Normalbreiten durchgeführt werden, mit dem Vorbehalte, daß bei wesentlichen Veränderungen des gegenwärtigen Stromlaufes und nach Maßgabe der Wahrnehmungen beim Fortschritte der Correctionsarbeiten und ihrer Wirkungen, sowohl die Richtungen dieser Normaltracen, als auch ihre Entfernungen (Normalbreiten) in einzelnen Stromstrecken auf Grundlage specieller Vereinbarung der beiderseitigen technischen Organe entsprechend ver ändert werden können.

§. 4.

Die vorangedeutete Weichsel- und Sanfluß-Regulirung soll im Allgemeinen mittelst der nachstehenden Correctionsarbeiten erzielt werden:

1. Bepflanzung aller Sandbänke und überbreiten Stromstrecken, welche außerhalb der eingezeichneten Normaltrace liegen, nebst der gleichzeitigen vollständigen Ausrottung aller jener Weidenpflanzungen, Gestrüppe oder Anflüge, welche innerhalb der vereinbarten Normalbreite fallen, sowie auch die Absteckung jener, welche an den convegen Ufern näher als 50 Klafter an der Regulirungstrace liegen, mithin auf das gegenüberliegende Ufer nachtheilig cinwirken oder den Abzug der Hochwässer und Eisgänge hemmen.

2. Versicherung der außerhalb der Normaltrace liegenden, im starken Abbruche befindlichen Uferstrecken mit entsprechenden Schußbauten.

3. Beschränkung überbreiter Stromstrecken und Concentrirung des Stromes bis auf die vereinbarte Normalbreite nebst der Absperrung aller schädlichen Seitenarme.

Die Wahl des Bausystems, der Uferversicherungen, Concentrirungs- und Absperrungswerke bleibt den beiden hohen Regierungen für ihre Uferstrecken überlassen.

Bezüglich der Art und Weise der Ausführung aller Correctionsbauten, wie auch ihrer Dimensionen sollen alle jene Bestimmungen, welche in dem, dem Conferenzprotokolle beiliegenden technischen Gutachten, §. 32, vereinbart worden sind, in der Folge beiderseits genau eingehalten werden.

4. Ausführung der zur Geradeleitung des Weichselstromes gegenwärtig als nothwendig cikannten Durchstiche bei Wola Batorska, an der Raba-Einmündung und bei Wola Prze=

mykowska, sowie auch jener, welche nach Maßgabe der Wahrnehmungen beim Fortschritte der Regulirungsarbeiten und ihrer Wirkungen in der Folge sich noch als nöthig herausstellen und von den beiden hohen Regierungen nach gemeinsamen besonderen Einverständnissen genehmigt werden.

5. Durchgrabung der innerhalb der Normaltrace gelegenen Inseln und Sandbänke auf Grund der seinerzeit gemeinsam zu vereinbarenden hydro-technischen Detailprojecte.

6. Herstellung der Bedämmungen (Bedeichungen), insoferne solche zum Schuße der niedrig gelegenen Ländereien gegen Ueberschwemmungen durch die Hochwässer und Eisverstopfungen von den Grundeigenthümern ausgeführt werden.

Damit jedoch diese Bedämmungen den regelmäßigen Abfluß der Hochwässer und Eisgänge nicht hemmen und auf das gegenüberliegende Ufer keinen nachtheiligen Einfluß ausüben, sollen dieselben nach möglichst regelmäßigen, dem Stromlaufe angepaßten Tracen ohne vorspringende Ecken angelegt werden und die Entfernungen zwischen den beiderseitigen Dämmen dürfen nicht kleiner sein, als im technischen Gutachten für die einzelnen Stromstrecken ermittelt worden ist, oder bei einer nachfolgenden Zusammentretung bestimmt werden wird.

Die in früheren Jahren von den Gemeinden, Grundherrschaften oder sonstigen Interessenten auf den beiden Uferseiten hergestellten Bedeichungen sollen in jenen Abtheilungen, wo solche entweder nach unzweckmäßigen Tracen oder nicht in genügender Entfernung von einander angelegt worden sind, an der oberen Weichsel bis zur Dunajec-Einmündung nach den von den Commissarien vereinbarten, in den Situationsplänen mit grüner Farbe eingezeichneten Tracen, und in der unteren Stromabtheilung nach den von den Strecken-Jugenieuren zur Genehmigung vorzulegenden Anträgen im Verlaufe der nächsten zehn Jahre umgelegt

werden.

§. 5.

Jede der beiden hohen Regierungen wird die nothwendigeu Regulirungsbauten an dem eigenen Ufer auf eigene Kosten ausführen oder durch ihre Unterthanen herstellen lassen, nur mit Ausnahme der Durchstiche, deren Ausführungskosten nach dem in jedem speciellen Falle getroffenen beiderseitigen Uebereinkommen zu bestreiten sein werden. Für die vorerwähnten Durchstiche wird die Vertheilung der Ausführungskosten nachstehend bestimmt:

a) Bei Wola Batorska soll der Weichsel-Durchstich auf der rechten galizischen Seite auf Kosten der kais. österreichischen Regierung, dagegen der zweite Durchstich auf der linken Userseite auf Kosten der kön. polnischen Regierung hergestellt werden;

b) die Ausführungskosten des Doppeldurchstiches an der Weichsel bei der Ausmündung des Rabaflusses sollen von den beiden hohen Regierungen zu gleichen Theilen getragen, Dagegen die Correctionsarbeiten an der besagten fehlerhaften Raba-Ausmündung von der kais. österreichischen Regierung allein bewerkstelligt werden;

e) bei der Ausführung des Doppeldurchstiches an der Weichsel bei Wola Przemykowska wird die kais. österreichische Regierung zwei Drittel und die kön. polnische Regierung ein Drittel der Gesammtbaukosten beitragen.

Die Kosten bei den als nothwendig sich zeigenden Durchgrabungen der innerhalb der ermittelten Normalbreiten gelegenen Inseln und Sandbänke sollen von den beiden hohen Regierungen zu gleichen Theilen getragen werden.

§. 6.

Damit die vorbesprochenen Regulirungsarbeiten an den beiderseitigen Ufern, insoweit es thunlich ist, gleichzeitig in vollständiger Ucbereinstimmung einander unterstüßend, also mit dem sichersten Erfolge und dem geringsten Kostenaufwande in Ausführung gebracht werden, wird von den beiden hohen Regierungen hiefür das nachstehende Verfahren vorgezeichnet:

a) Die von den beiden hohen Regierungen hiezu delegirten Behörden werden in jedem Frühjahre nach vorhergegangener Festsetzung des Commissionstermines, unter Zuziehung der mit der Weichsel-Regulirung betrauten beiderseitigen Ingenieure und der Stromanrainer, den Stromlauf in ihren Bezirken an den beiden Ufern begehen, die in diesen Strecken in diesem Jahre nothwendigen Correctionsbauten einander vorweisen, die Zustimmung zur Ausführung derselben von den Abgeordneten der gegenüberliegenden Behörde einholen, sich über die Modalitäten der Bauausführung verständigen, bei dieser Gelegenheit auch die im vorangegangenen Jahre erbauten Wasserwerke untersuchen und constatiren, ob solche den getroffenen Vereinbarungen gemäß hergestellt worden sind, endlich die über die obige Verhandlung in duplo aufgenommenen Protokolle den beiderseitigen vorgesezten Behörden zur Einsichtnahme und Genehmigung vorlegen;

b) wenn die beiderseitigen Delegirten sich bezüglich der auszuführenden Bauten nicht einigen oder wenn deren vorgeschte Behörden die im Protokolle beantragten Arbeiten nicht genehmigen sollten, so werden in diesen Fällen die beiderseitigen höheren Behörden das Envernehmen pflegen;

e) um die systematische Durchführung der beabsichtigten Stromregulirung zu überwachen und die Reihenfolge der herzustellenden Arbeiten nach Maßgabe der wahrgenommencu Wirkungen der in den Vorjahren ausgeführten Correctionsbauten näher zu bestimmen, wird der für die Vollendung der Weichsel- und Sanfluß-Regulirung bestimmte zwanzig= jährige Zeitraum in fünfjährige Perioden eingetheilt, und am Schlusse einer jeden solchen Periode sollen von den beiden Uferstaaten gleichzeitig höhere Baubeamte entsendet werden, welche sich gemeinsam von dem Zustande des Stromes und der ausgeführten Bauwerke, dann von den Wirkungen der lezteren zu überzeugen und hiernach die allgemeinen Anordnungen für die Art und Reihenfolge der Arbeiten in der nächsten Periode gleich an Ort und Stelle zu treffen, oder die bezüglichen Anträge den vorgesezten Behörden zu erstatten haben werden;

d) wenn eine der beiden hohen Regierungen bei der Ausführung cincs Regulirungsbaues (insbesondere der Durchsiche) die Herstellung eines Unterstügungsbaues an dem gegen= überliegenden fremden User benöthigen sollte, so wird die andere Regierung hiezu ihre Bewilligung geben, vorausgeseht, daß hiedurch weder ihr selbst, noch ihren Unterthanen ein Nachtheil erwächst;

e) die beiden hehen Regierungen wollen auch noch die nöthigen Verfügungen treffen, damit zur Förderung und Erleichterung der Ausführung aller Regulirungsarbeiten an der Weichsel den damit betrauten Organen, Bauunternehmern und Arbeitern jede nur thunliche Erleichterung im Gränzverkehre zu Theil werde.

§. 7.

Bezüglich der Ausgleichung der bereits schwebenden und der in der Folge neu erwach fenden Gränzregulirungsfragen werden die nachstehenden Vercinbarungen getroffen:

Der bei der lezten gemeinschaftlichen Gränzbestimmung im Jahre 1818/21 am Weichselstrome vorgefundene und mittelst der gefeßten Gränzsäulen und der Gränzbeschreibung firirte Stand wird insoweit als Normalstand festgehalten, als solcher durch die nachgefolgten Gränzberichtigungen nicht geändert worden ist und durch die gegenwärtigen Stipulationen nicht modificirt wird.

Bei dem gegenwärtigen Zustan de des Weichsel tromes wird in allen jeuen Strecken, wo feine Gränzstreitigkeiten in Verhand tung sind, der vorgefundene Khatwrg als die dermalige factische Landesgränze zwischen den beiden hohen Staaten aneriannt.

Es sollen ferner alle jene Grundparzelen, welche bei der Ausführung der Durchstiche vom rechten auf das linke oder vom linken af das rechte Stromufer zu liegen kommen, von

der betreffenden Regierung oder von ihren angränzenden Unterthanen um den vollen Schätzungswerth eingelöst werden.

Die Höhe dieser Ablösungssamme, falls solche nicht auf dem Wege eines gütlichen Vergleiches erfolgt, wird nach den Grundsäßen des Verfahrens und der Geseze jenes Landes, von dessen Territorium diese Grundstücke abfallen, ausgemittelt werden.

§. 8.

Die beiden hohen Regierungen verpflichten sich, dafür zu sorgen, daß nach der Bestim inung im Artikel V, Absah 6, der zwischen Oesterreich und Rußland im Jahre 1818 abgeschlossenen Convention für die zur Erleichterung und Hebung der Schiffahrt auf der Weichsel unbedingt nothwendigen Hufschläge (Treppelwege) längs dem beiderseitigen Ufer ein, 15 polnische Ellen oder 28 russische Fuß breiter Grundstreifen reservirt und dieser in den Wäldern, Auca und Weidepflanzungen in einer Breite von 6 Fuß, von Bäumen, Stöcken und Gesträuchen jederzeit freigehalten werde.

Die Benütung dieser Hufschläge zum Zichen der Schiffe stromaufwärts durch Menschen oder Thiere soll den beiderseitigen Unterthanen auf den beiden Ufern jederzeit ohne Anstand gestattet sein und dieselben sollen hiefür gar keine Zahlungen zu leisten haben, noch sonstigen Behelligungen durch die Gränzwächter ausgefeßt sein.

§. 9.

Die kais. österreichische Regierung wird die Verfügung treffen, daß bis zur Durchführung der Weichsel- und Sanfluß-Regulirung jährlich nach dem Abgange größerer Hochwässer durch ihre bestellten Stromaufseher die Richtungen des besten Fahrwassers für die Schiffe mit Stöcken bezeichnet, sowie auch die Untiefen und sonstigen Schiffahrtshindernisse kenntlich gemacht werden.

§. 10.

Die beiden hohen Regierungen werden die Einleitung treffen, daß die an der Weichsel und am Sanflusse auf den beiden Userseiten gesetzten Gränzsäulen in die beiderseitigen hydrotechnischen Situationspläne genau eingetragen und die in der Folge allenfalls nothwendig werdenden Versehungen derselben nur mit Zuzichung der betreffenden Navigations-Ingenieure bewerkstelligt und die neuen Standpuncte der Gränzsäulen in den gedachten Plänen corrigirt

werden.

§. 11.

Alle Bestimmungen, welche in früheren Jahren bezüglich der an der Weichsel und am Sanflusse auszuführenden Wasserbauten bei den zwischen den beiderseitigen Localbehörden ab-gehaltenen Conferenzen vereinbart worden sind, werden insoweit, als dieselben mit den gegenwärtigen Vereinbarungen nicht übereinstimmen, hiemit aufgehoben..

§. 12.

Bevor zur Befahrung des Weichselstromes mit Dampfschiffen in der Gränzstrecke einem Unternehmer oder einer Actiengesellschaft die Concession verliehen wird, soll wegen der Sicherung der Ufer und der ausgeführten Regulirungsbauten, ferner wegen der Bezeichnung und Ausführung der Landungspläße, endlich wegen der Stipulation aller sonstigen hiebei zu beob achtenden Maßregeln, zwischen den beiden hohen Regierungen eine eigene Vereinbarung getroffen werden.

Krakan, am 20. August 1864.

Kolberg.

Wierzbowski.

Eckhardt,

t. t. Statthaltereirath.

Gustav Wex,

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