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habe ich eine unseelige Leichtigkeit zu reimen, bey welcher die kritische Feile am nöthigsten zu seyn scheint: ... O wenn ein Rammler meine Muse in Schutz nehmen wollte: wie glücklich würde ich seyn: ja, alsdenn wollte ich ihr nicht den Abschied geben. ... Eben kömmt H. Reich zu mir und zeiget mir eine Stelle aus einem Ihrer Briefe? kaum habe ich meinen Augen getrauet. Ist es möglich, dafs meine scherzhafften Lieder Ihrer Aufmerksamkeit würdig sind? Das hätte ich wahrhafftig bey aller Eitelkeit eines Autors kaum vermuthet! mit welchen Verlangen sehe ich Ihren Verbesserungen entgegen! bald werde ich auf meine Arbeiten mit einigem Stolz herabsehen....

3. L. 22. XI. 62. Wenn ich Ihnen, Theuerster Freund, noch nicht meine Danksagung für die verbesserten Lieder aus meiner Sammlung abgestattet habe, so ist es blos deswegen geschehen, weil ich Ihnen mit meinem Briefe, meinen neuen Beitrag zum Theater mitzuschicken hoffte: dieser ist schon seit der Messe bis auf 4 Bogen fertig gewesen, und nun fehlt es an Papier, das man nicht mit den ersten Bogen ähnlich finden kann, und itzt erst aus dem Gebürge erwartet: doch vielleicht gewinne ich dabey; denn ich kann Ihnen aufrichtig versichern, dass ich mich sehr fürchte, einem Kunstrichter, wie Sie sind, damit unter die Augen zu treten. Die Leichtigkeit und Flüchtigkeit, mit der ich arbeite, läfst mich mehr als zu offt fühlen, dafs ich stets einen kritischen Freund mit seiner Züchtigung von nöthen hätte. Mich lehren es die Verbesserungen, die Sie mit meinen Liedern gemacht haben, wofür ich Ihnen ewig danke: Sie werden bey der neuen Auflage derselben finden, dafs ich kühn genug gewesen, mir sie zuzueignen. Itzt will ich Ihnen blos auf die Anfrage antworten die Sie an H. Reichen meiner Person und Umstände wegen gethan, und er mir aus Ihrem Briefe vorgelesen. Ich bin bis hieher, Gottlob! ein sehr glücklicher Mann gewesen: die Vorsehung hat mir seit einem Jahre eine sehr einträgliche und ruhige Bedienung angewiesen, wo ich immer Zeit und Mufse für meine Lieblingsneigung zu den schönen Wissenschafften übrig behalte: es ist nehmlich die Creyfs-Steuer-Einnahme vom ganzen Leipziger Creyfs: ich verstehe zwar von meinem Amte noch weniger, als nichts, aber mein gröfstes Glück ist, dafs wenn ich treue Leute habe, ich auch so gar viel davon zu verstehen nicht brauche:

Gott hat mir bisher Gesundheit, ein fröhliches und ruhigs Herz, und viel Freunde gegeben, die immer mehr für mich, als ich selbst gesorgt haben: was kann man in dieser Welt mehr wünschen?

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4. L. 12. I. 63. Ich hoffe, dafs Ihnen mein neuer Beitrag zum Theater richtig ist eingehändiget worden: hier folget noch ein Bläthgen mit Druckfehlern, von denen dieser Band wimmelt: ich bin ein schlechter Corrector, zumal in meinen eignen Arbeiten: nun verfahren Sie mit aller Strenge eines Kunstrichters; ich nehme sehr gern Kritik an, und es ist Stolz genug für mich, wenn mich ein Rammler nur seiner Kritik würdiget: ich weifs mehr, als zu gut, dafs die grofse Leichtigkeit, mit der ich arbeite, mich offt auf Abwege führet, und eine Stube voll Bauern, wo ich unter dem Geklängel der neuen 2 g Stücke bey einem Steuer Catastro sitze, ist eben kein sülser Aufenthalt für die Musen.

Welch ein glücklicher Einfall, die besten gesellschaftlichen Lieder zu sammeln und in Musik sezen zu lafsen: 1 nur ist zu wünschen, dafs die Tonkünstler nicht zu künstlich dabey verfahren mögen: wenn sie zum allgemeinem Gebrauche der Gesellschaften sollen geschickt seyn, so können sie meinem Bedünken nach nicht simpel genug seyn. Ich wünschte, dafs wir ein deutsches Theater für die kleine comische Oper hätten diefs ist eines der besten Mittel solche scherzhafte Gesänge allgemein zu machen: ich habe, als das Kochische Theater hier war selbst den Versuch gemacht und die Folgen davon gesehen: mit nächsten hoffe ich die Ehre zu haben, Ihnen die neue Ausgabe der scherzhaften Lieder 2 zu übersenden, die mit 19 Liedern nach dem Horatz vermehret sind. Sie machen uns die süfse Hoffnung, dafs wir Sie auf künftiges Frühjahr in Leipzig sehen sollen und meine Freude ist darüber unaussprechlich! Ihr Arzt müsse für

1 Die in Verbindung mit C. G. Krause durch die „Oden mit Melodien. Berlin, gedruckt und verlegt bey F. W. Birnstiel" (II. o. J. 1753. 1755) eröffneten Bestrebungen zur Hebung des deutschen Liedes nahm Ramler in den Liedern der Deutschen“ (Berlin 1767 f.) wieder auf. Vgl. Lindner, Gesch. d. d. Liedes im 18. Jahrh. Hrsg. von Erk. Leipzig 1871. S. 56 ff.

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die Erlaubnifs, die er Ihnen im Voraus gegeben, so schön noch einmal besungen werden, wie ihn sein Rammler schon besungen hat!1 Ehe ich schliefse, mufs ich Sie noch einen Ihrer gröfsten Verehrer und Freunde in Sachsen kennen lernen: diefs ist mein Hagedorn, der unlängst die Betrachtungen über die Mahlerey geschrieben hat, ein verehrungswürdiger Mann, der mir in allen Briefen aufs schärfste einprägt, Sie bey allen Gelegenheiten seiner gröfsten Hochachtung zu versichern.

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5. undat. [April 1763]. Es ist mir sehr unangenehm, dass Ihnen mein zweyter Beitrag zum Theater noch nicht übergeben worden, da mir Ihr Urtheil wichtiger, als der ganzen kritischen Welt ihres ist: ich habe es gleich, als [es] aus der Prefse kam, an Rüdigern durch meinen Buchhändler unter Ihrer Addresse abgeschicket, und es nunmehro auch schon erinnern lassen: ich hoffe, dafs er es doch nun wird abgegeben haben? Da haben Sie die neue Ausgabe meiner scherzhafften Lieder! werden Sie nicht Ursache haben auf die Eilfertigkeit, mit der ich meine Werkchen der Welt vorlege, zu schmählen?... Ich bin mit dem Horatz sehr verwegen umgegangen, und habe ihm oft Gedanken angedichtet, die er nicht gehabt: deswegen aber wollte ich sie auch lieber Nachahmungen, als Übersetzungen genannt wissen: Sie allein haben das Recht uns den Horatz in aller seiner Schönheit kennen zu lehren, da sein ganzer Geist auf Ihnen ruhet, denn Ihre Oden doch ich will nichts sagen, was nur den geringsten Schein eines Compliments haben möchte.

Ja, mein bester Freund, der goldne Friede ist wieder da, und wollte der Himmel, er hätte Ihnen die Gesundheit, so wie der Welt die Ruhe mitgebracht. In Ansehung meiner, fürchte ich, dass ich nunmehr meine Laute werde an die Weide hängen müssen: meine Amtsgeschäfte häufen sich täglich, und zum Unglück verstehe ich noch so wenig darvon, dafs mir die theoretische Erkänntnifs schon einen grofsen Theil der Zeit raubet: meine Muse stellet sich zwar ein wenig ungebärdig darüber an, aber die Steuer-Catastra sind so fürchterliche Dinge, dafs sie

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1,Ode an seinen Arzt [Jeschke]. Berlin, den 24 Jenner 1762." (2 Bll.) 4o.

schon so ein blödes Mädchen verscheuchen werden: vor etlichen Wochen gab sie mir unter einen grofsen Schwarm geschwäziger Bauern ein, ein Trauerspiel in engl. Versen1 ohne Reime zu verfertigen, die Feder sezte an, und lief ab, wie ein Uhrwerk: kann man sich von solchen fieberhaften Anfällen Gutes versprechen, wo der Kopf mit dem Einmal-eins zu thun hat, und die Hand Verse schreibt? ...

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6. L. 24. XII. 63. In Wahrheit: Sie wifsen die rechten Kunstgriffe, einen aufs neue zum Autor zumachen: Sie machen einem weifs, dafs man nur darum desto länger leben müfse, weil man schreibt, und führen eine ganze Reihe der gültigsten Beyspiele an. Vielleicht habe ich aber zum Unglück der wizigen Welt niemals mehr Lust zu leben gehabt, als ietzt: Sie haben also die ganze Verantwortung meiner künftigen Autorschaft auf sich und sehen Sie, mein bester Rammler! schon sitze ich am Schreibepult und meine Feder wird gangbar: da ist der erste Aufzug von einem Trauerspiel fertig! und Sie müssen ihn auch sehen, da hilft nichts davor: Das ist die Strafe für Ihre Aufmunterung: doch glauben Sie nicht, dafs ich auch so unverschämt bin, darüber im Kleinen eine Kritik von Ihnen zu fodern: nein, Sie können Ihre Zeit tausendmal befser anwenden, so sehr ich auch wünschte von Ihnen gezüchtiget zu werden: Sie sollen mir nur sagen, ob Ihnen der Ton und die Versart darinnen gefällt? und ob ich sie vollends fertig machen soll : ich bin zwar schon bis an den 4ten Aufzug fertig; allein ich habe Muth genug auch 5 Akte wegzustreichen: ich bin mit meinem Atreus und Thyest einen ganz neuen Weg gegangen, und habe da angefangen, wo meine tragischen Vorgänger aufgehört haben die beygelegte Fabel aus dem Hygin hat mir darzu Anlas gegeben und ich glaube, sie kann schrecklich genug werden, wenn mich der Geist des Seneca regieren will: ich habe in eben der Versart schon ein Trauerspiel die Befreyung von Theben fertig, und wünschte mir nur eine rammlerische Feile: denn die Meinige ist etwas stumpf.... Von Paris habe

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1 „Die Befreiung von Theben", zuerst gedruckt 1764; die Zeit der Entstehung ist hierdurch, wie für „Atreus und Thyest" durch den folgenden Brief festgestellt. (Vgl. Minor S. 225. 230.)

ich Briefe, dafs diesen Monat unsers Lefsings Mifs-Sarah zu St. Germain von einigen Vornehmen des Hofs aufgeführet wird: wenn ihm etwas daran gelegen ist, so kann er sich bey mir bedanken: ich gab sie als ich daselbst mich aufhielt dem Hn. Trudames de Montigny, dieser hat sie mit Hülfe des Hn. Hubers, meines sehr vertrauten Freundes übersezt und sie wird nächstens in einer Samlung übersezter bürgerl. Trauerspiele von Diderot erscheinen, der zugl. eine Abhandlung über diese Art von Drama beyfügen wird. Sagen Sie mir in aller Welt, was aus der Karschin Gedichten wird? ich bin mit den H. Unternehmern sehr übel zufrieden: meine Freunde in Paris haben auf mein Anregen auf 18 grofse Exempl. subscribirt und durch mich an Hn. Bachman 252 Livr. bezahlen lafsen: ich habe nicht nur weder ein Exempl. noch erhalten, sondern sie haben meinen Freunden nicht einmal die Ehre angethan, sie in der Subscriptions Liste zu nennen: ich bin sehr in Willens, so bald H. Bachmann aus Holland wieder zurücke kömmt, mir das Geld wieder geben zu lassen; denn ich habe nicht in Willens, in den Verdacht zu kommen, als ob ich das Geld untergeschlagen hätte: überhaupt finde ich H. Gleims hohe Ankündigung, dafs diese Dichterin alle Alte und Neuere Dichter übertreffen solle, viel zu übertrieben: Vielleicht auch Sie, mein bester Freund? ...

7. L. 6. II. 64. Was für eine entsezliche Sache, werden Sie bey diesem Packete ausrufen, einen Autor zum Freunde zu haben! ... Warum haben Sie mir aber nicht den ersten Ackt meines Trauerspielgens gleich von einem Ende bis zum andern durchstrichen wieder zurücke geschickt? diefs war das beste Mittel mir die Feder aus der Hand zu schlagen: Ich will

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1 Vgl. den „Auszug eines Schreibens aus Paris" in der Allg. d. Bibl. Bd. I, St. 2. [1765] S. 308 f., worin es u. a. heifst: „Herrn Lessings Mifs Sarah Sampson ist am Ende des Jahres 1764 zu St. Germain, bey dem Herzoge von Noailles, vor dem Herzoge von Choiseul, und den vornehmsten Herren und Damen vom Hofe mit dem grössten Beyfalle aufgeführet worden. Herr Trüdame von Montigny (königl. Finanzaufseher, ein grofser Liebhaber der deutschen Litteratur) hatte darinn einige kleine Veränderungen gemacht; allein Herr Diderot wird das Stück ganz herausgeben, und zwar mit dem engländischen Spieler Iv. Moore] und dem Kaufmann zu London [v. Lillo]. Vermuthlich wird er auch Anmerkungen über die Natur dieser drey Stücke hinzuthun.“

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