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ihrer Fachausdrücke verargen, sie in der Benutzung dieses ihres Handwerkszeugs einschränken zu wollen. Nur darüber mufs sich jeder Stand und jede Wissenschaft klar sein, dafs dieses ihr Handwerkszeug gewissermafsen eine Geheimsprache bildet, welcher jeder andere, demselben Stand und derselben Wissenschaft nicht angehörige Teil des Volkes bis zu einem gewissen Grade verständnislos und fremd gegenübersteht. Ich meine, die Sache liegt so: Wenn Gelehrte oder Fachmänner unter sich sind in der Gesellschaft, in Versammlungen, in ihren Schriften oder Blättern (falls diese ganz ausschliesslich für sie selbst bestimmt sind), da hat niemand das Recht, ihnen den Gebrauch ihrer Kunstausdrücke zu verwehren; da mögen sie sich in derjenigen Sprache unterhalten, welche ihnen die kürzeste und beste Verständigung ermöglicht, da ist ihre Geheimsprache ihr vollstes Recht. Das ändert sich aber mit dem Augenblick, wo sie anfangen, sich an weitere Kreise zu wenden. In einer Tischgesellschaft, der verschiedene Stände angehören, empfindet man es als Mangel an gutem Ton, wenn ein Teil abgesondert gelehrte Fragen seines Faches behandelt, welche den übrigen unverständlich sind, wenn ein Teil, um den bekannten eingedeutschten Ausdruck zu gebrauchen, fachsimpelt". Ist aber der Mangel an gutem Ton, ist die Rücksichtslosigkeit nicht ebenso grofs, wenn der Schriftsteller in seinen Büchern, in Zeitungen und Zeitschriften sich an gröfsere Kreise wendet und zu ihnen in einer Sprache redet, die zu verstehen kein anderer verpflichtet ist, sich aber nicht einmal der Mühe unterzieht, durch Erklärungen oder Umschreibungen dem nicht sachkundigen Leser das Verständnis zu erleichtern?

Vielleicht ist hier der geeignete Ort, einige Worte über den Gebrauch der fremdsprachlichen Fachausdrücke in der Schule zu sagen. Es kommen dabei in erster Reihe die Bezeichnungen der Sprachlehre in Betracht, weiterhin dann auch die auf den mathematischen und sonstigen Gebieten üblichen besonderen Benennungen. Es würde zu weit gehen, zu verlangen, dafs, weil unsere Schulen in erster Linie deutsche Schulen sein sollen, sämtliche Ausdrücke, beispielsweise der Sprachlehre, auf den Gymnasien, Realgymnasien u. s. w. nur deutsch gelehrt und gebraucht werden sollen, dafs die Bezeichnungen deklinieren, konjugieren, Nominativ, Genitiv u. s. f. zu verbannen und nur deutsche Benennungen zuzulassen sind. Hier weist vielmehr der Umstand, dafs alle diese Bezeichnungen beim Unterricht im Lateinischen, Französischen, Englischen u. s. w. wiederkehren, darauf hin, sich beim Unterricht der aus dem Lateinischen übernommenen Ausdrücke zu bedienen. Auch für die höheren Bürgerschulen u. dergl. wird sich aus Zweckmäfsigkeitsgründen dasselbe rechtfertigen lassen. Bei den Volksschulen aber sollten jene Bezeichnungen ganz und gar hinterwegs bleiben, soweit irgend deutscher Ersatz vorhanden ist. Für die Bezeichnungen der Sprachlehre liegt dieser Ersatz wohl überall vor. Freilich wäre gröfsere Einheitlichkeit für das ganze Reich wohl sehr zu wünschen. Was für die Sprachlehre, das gilt auch für den Rechenunterricht. Das Kind, der Lehrling, der Baugewerkschüler, sie sollten mit fremdsprachlichen Ausdrücken möglichst ganz verschont werden. Subtrahieren, dividieren, Divisor, Dividend u. s. w. sind Wortbildungen, die sie zuvörderst maschinenmäfsig auswendig zu lernen haben, um sie erst einmal richtig zu sprechen. Dann gehört Zeit dazu, die richtigen Begriffe damit zu verbinden ebenfalls nach und nach durch wiederholte Übung da die Wörter selbst ihnen nicht den mindesten Anhalt und keinerlei Unterstützung beim Lernen gewähren. Das alles ist leichter und bietet gar keine Schwierigkeit, wenn sie nur mit dem Abziehen, Teilen, der zu teilenden Zahl und dem Teiler oder dem Zähler und Nenner des Bruches u. s. w. zu thun haben. Die weiteren Ausdrücke aber, die auch in den Fachschulen und Baugewerkschulen gelehrt werden, die Tangenten und Sekanten, Abscissen, Ordinaten und Koordinaten, die qua

dratische und kubische Gleichung, die Hypotenuse und die Kathete und wie die an und für sich oft ganz sinnlosen, aber althergebrachten Sprachungetüme alle heifsen mögen, können auf das Kind aus dem Volke nicht anders als verblüffend wirken. Und hier liegt in der That nicht der Schimmer eines Zweckmäfsigkeitsgrundes vor, die Schüler mit solchen fremdartigen und gänzlich unverständlichen Lauten zu quälen. Die Tangenten als Berührungslinien oder Berührende, die Sekanten als Schneilinien sind von vornherein einleuchtend und tragen ihre Erklärung in sich selbst. Ein Lehrer an solcher Schule hat mir auch das Geheimnis verraten, wie er schon seit langer Zeit die Hypotenuse und die Katheten, Wörter, welche von den Schülern schwer behalten und namentlich immer verwechselt wurden, diesen ohne alle Schwierigkeit beibringt. Die Hypotenuse als die dem rechten Winkel gegenüberliegende Dreieckseite bezeichnet er ihnen als Gegenseite, die beiden an dem rechten Winkel liegenden Seiten aber nennt er die Anseiten. Kann es etwas Einfacheres, Fafslicheres und leichter zu Behaltendes geben?

Solcher Verdeutschungen, die kurz und bezeichnend sind und den Gegenstand anschaulich machen, werden sich mit der Zeit da, wo ein Bedürfnis, sicherlich finden. Wenn nun aber auch die ausschliessliche Anwendung der deutschen Kunstausdrücke im Sprachunterricht und Rechenunterricht meines Erachtens zunächst auf die Volksschule einzuschränken ist, so müssen diese Ausdrücke gleichwohl in den höheren Lehranstalten, wenn auch nebenher, ebenfalls gelehrt und erlernt werden. Der heute bestehende Zustand, dafs der überwiegende Teil der GelehrtGebildeten unseres Volkes manches von dem nicht weifs, was das Kind in der Volksschule lernt, darf gewifs als unhaltbar und nicht gehörig bezeichnet werden. Thatsächlich ist dem aber so.

Wider die Staatsstipendien für Studierende der neueren Sprachen.

Auf Seite 79 und 80 des vorjährigen (VIII.) Bandes der Zeitschrift für neufranzösische Sprache und Litteratur" veröffentlicht W. Scheffler einige Gedanken des Professors Dr. Louis Struve aus Dresden über das praktische Studium des Französischen zu Paris und die Errichtung eines Seminars für Studierende daselbst. Abgesehen von sehr anerkennenswerten Fingerzeigen, welche dieser Artikel für Fachgenossen enthält, wird dort auch wieder der alte Vorschlag erneuert, dafs man dem Studierenden der französischen bezw. englischen Philologie nach Ablegung seiner wissenschaftlichen Staatsprüfung ein Stipendium gebe, damit er auf zwei Jahre nach Frankreich bezw. nach England gehen könne, um sich dort mit der Sprache und den eigenartigen Verhältnissen eines jeden Landes bekannt zu machen. Dann soll er am Schlufs eines jeden Jahres vor einer Kommission in Deutschland eine Prüfung bestehen, die von seiner Thätigkeit und seinen Erfolgen Zeugnis ablegt.

Diese Ansicht, dafs "man" Struve meint damit wohl den Staat unsere jungen Fachgenossen durch Stipendien unterstütze, um ihnen die praktische Spracherlernung zu ermöglichen und zu erleichtern, gewinnt in immer weiteren Kreisen Verbreitung. Ich bin ein entschiedener Gegner dieser Ansicht. Ich sage: Weg mit diesen Bitten um Stipendien! Weg mit diesem ewigen Rufen nach Staatshilfe! Es trägt nicht dazu bei, die Würde unseres Standes, die wie jede andere von seiner eigenen Selbständigkeit abhängt, zu heben. Wann rufen Juristen, wann Mediziner nach Staatshilfe, damit jüngeren Angehörigen ihres Faches die Möglichkeit geboten werde, etwa im Auslande Studien zu machen?

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Und das ist bei gewissen Zweigen jener Berufsarten auch nötig: ich erMan bedenke auch, wie hoch innere nur an die Konsulatslaufbahn. jedes solcher Stipendien sein mufs, damit der Stipendiat nur einigermafsen anständig im Auslande leben könne. Von einer Seite sind, wenn ich nicht irre, Stipendien von 2400 Mark vorgeschlagen worden. Und wie viele solcher Stipendien müfsten nicht die deutschen Reichsregierungen aussetzen, damit auch nur in einer ganz geringen Weise ein Einfluss auf den fremdsprachlichen Unterricht an unseren Schulen ausgeübt werde. Man baut eben sehr windige Luftschlösser, wenn man auf die Stipendien und deren Verleihung grofse Hoffnungen setzt. Es wird sehr schwer sein, diejenigen ausfindig zu machen, die eines solchen Stipendiums wirklich würdig sind. Denn dafs man den Fähigeren d. h. also den geistig Stärkeren, der ohnehin den anderen schon überlegen ist, immer unterstützt, ist durchaus nicht zu rechtfertigen; er wird, eben weil er der Stärkere ist, Welche grofse Zurücksetzung aber seinen Weg schon allein machen. für die anderen, welche kein Stipendium bekommen! Wie würden nachher auch alle Schulen und deren leitende Faktoren sich bemühen, diejenigen, welche im Genusse des Stipendiums gewesen sind und also längere Zeit im Auslande gelebt haben, als Lehrer zu gewinnen.

Wenn nun aber alle Studierende der neueren Sprachen ein solches was übrigens das einzig Gerechte Stipendium bekommen sollten wäre, so müfsten die deutschen Regierungen jährlich allermindestens eine Summe von 500-600 000 Mark aussetzen. Dafs dies aber geschehen würde, ist vernünftigerweise nicht anzunehmen.

Wenn nun endlich so gut wie gar keine Stipendien gegeben würden, von zuständiger Seite aber verlangt würde, dafs jeder Studierende der neueren Sprachen sich zwei Jahre im Auslande aufgehalten haben müsste, ehe er in den praktischen Schuldienst eintreten könnte, so würde die Studienzeit eines Neusprachlers allein schon ungefähr sieben Jahre dauern. Dann mufs er noch sein Probejahr machen und gewöhnlich drei bis vier Jahre warten, ehe er definitiv angestellt wird, und mufs ruhig zusehen, wie viel jüngere Kollegen, die andere Fächer vertreten, seine Vorderleute sind, zu seinem grofsen Schmerze, zumal auch die klassischen Philologen dem Lehrer der neueren Sprachen gewöhnlich bei Besetzung einflussreicher Stellungen vorgezogen werden.

Weiter frage ich: warum soll man die Zahl der Studierenden der neueren Sprachen noch durch solche äufsere Unterstützungen vermehren? Gehen überdies nicht Haben wir nicht schon übergenug derselben? gerade die realen Anstalten, an welchen die Lehrer der neueren Sprachen besonders zu verwenden sind, immer mehr ein oder legen sich immer mehr gymnasialen Charakter bei? Man denke nur an die Verhältnisse im Reichsland, wo durch einfache Verfügung, hinter welcher allerdings ein klassischer Philologe stand, dem ganzen höheren Schulwesen ein gymnaDaher kommt es auch, dafs die sialer Charakter aufgedrückt wurde. Universität Strafsburg trotz der ausgezeichneten Vertreter der romanischen und englischen Philologie immer weniger von den Studierenden dieser Fächer besucht wird; sie haben eben dort wenig Aussicht auf Anstellung. (Nebenbei bemerkt: es schien vor einiger Zeit dort fast Princip zu sein, überhaupt keinen Neuphilologen im Reichsland anzustellen; wenigstens ist von einer ganzen Anzahl mir bekannter junger Fachgenossen, welche in Strafsburg zu meiner Zeit das Examen gemacht haben, kein einziger dort angestellt worden, trotzdem sie sich zur Verfügung gestellt hatten. Schon lange hat es mich gedrängt, dies öffentlich auszusprechen.) Auch anderswo liest man jetzt häufig, dafs Realgymnasien in Gymnasien, Oberrealschulen in Realgymnasien verwandelt werden; aber nie umgekehrt. Gemeinden, welche reale Anstalten gründen wollen, legt man zuweilen Schwierigkeiten in den Weg, dafs sie gezwungen sind, davon abzusehen.

Man sollte deshalb jungen Leuten eher abraten, neuere Sprachen zu studieren, als sie noch durch künstliche Mittel dazu anzuspornen.

Diejenigen, welche die Bitten um Stipendien unterstützen, sollten doch, wenn sie Lehrer sind, daran denken, wie viel böses Blut es gesetzt hat, wie grofs die Aufregung war, als es hiefs, dafs ein grofser Teil der Summe, die dem Reichskanzler zu seinem siebzigsten Geburtstage überreicht wurde, zu Stipendien für Studierende der neueren Sprachen angelegt werden sollte und, wie ich glaube, nun auch angelegt worden ist. Es war ein berechtigtes Standesgefühl, aus welchem heraus man gegen diese Stipendien protestierte und das Geld zu anderen Zwecken verwendet wissen wollte. Etwas kleinlich und komisch allerdings scheint das, was mir über diese Verwendung neulich ein Kollege sagte: „Da habe ich mir," meinte er, nun so und so viel Mark für meinen Bismarck abgeknapst und nun ziehe ich mir damit selber Konkurrenten grofs; der da neulich das Stipendium bekommen hat, wird vielleicht einst mir vorgesetzt, unter Umständen gar mein Chef, und ich habe das Nachsehen."

Was wir bisher über die Stipendien gesagt haben, waren meist Gründe äufserer Art. Wir haben aber auch gewichtige, innere Gründe dagegen. Durch die Trennung unseres Staatsexamens in eine wissenschaftliche Prüfung und eine andere, welche mehr auf die praktische Sprech- und Schreibfertigkeit ausgeht, wird unser ganzes Studium zerrissen. Wir glauben, dafs auch das Studium der modernen Sprache recht- und strengwissenschaftlich betrieben werden kann, worauf in meiner Studienzeit Koschwitz mehr als einmal mit ganz besonderem Nachdruck hinwies. Darüber braucht man jetzt nicht mehr zu streiten. Damit aber das Studium der neueren Sprachen, ihrer ganzen geschichtlichen Entwickelung von den ältesten Zeiten bis auf unseren Tag ein einheitliches bleibe und ein immer einheitlicheres werde, damit der Student lerne, auch die praktischen Seiten des Faches von wissenschaftlichen Gesichtspunkten aus zu betrachten, dazu gehört vor allem, dafs die gesamte Fachprüfung eine einheitliche bleibe. Durch eine doppelte Prüfung würde das Studium der modernen Sprache und Litteratur an Wissenschaftlichkeit wahrscheinlich verlieren. Damit dieses nicht geschehe und damit überhaupt unser Studium ein einheitliches bleibe, ist es notwendig, dafs, wie besonders deutlich auf der Giefsener Philologenversammlung gefordert wurde, an unseren Universitäten Lehrstühle für die neufranzösische und neuenglische Sprache errichtet werden. Diese Forderung ist immer wieder zu stellen, bis sie erfüllt ist. Durch diese Erfüllung aber würde auch der mangelhaften Vorbildung der Lehrer der neueren Sprachen, was die praktischen Fertigkeiten betrifft, am meisten gesteuert werden. Es ist nicht gut, wenn wir Neuphilologen, denen es leider noch an jeder Organisation fehlt, zu viel und zu verschiedene Wünsche vorbringen. Bleiben wir vorläufig bei der Forderung des Giefsener Philologentages, lassen wir auch aus Klugheitsgründen die Bitten um Stipendien oder um Seminar-Einrichtungen im Auslande, in denen die jüngeren Fachgenossen sich die nötigen Fertigkeiten des Sprechens und Schreibens aneignen sollen.

Ein Professor der neufranzösischen oder neuenglischen Sprache würde, abgesehen von seinem Unterricht in Vorlesungen und Seminarübungen und abgesehen davon, dafs er das Interesse für die moderne Sprache wecken würde, seinen Zuhörern mit Rat und That zur Seite stehen, wie sie sonst noch ihre Kenntnisse der modernen Sprache ausbilden können. Es giebt in der That auch hier viele Wege, die zum Ziele führen können. Der Stipendiums-Vorschlag ist nur einer von vielen. Manchem mag es so gehen wie mir, dafs er durch Familienbeziehungen zu Ausländern sehr viel Gelegenheit hat, die fremden Sprachen praktisch zu üben.

Wer z. B. mehrere Semester in Strafsburg studiert, hat dort manche Gelegenheit, sich auszubilden. Wer das nötige Interesse hat, wird dort

unschwer in Familien und mit Menschen verkehren können, die gutes Französisch sprechen. Mancher von meinen Bekannten ist wie ich während der grofsen Ferien ins Ausland gegangen und hat dort sich umgethan und zugleich noch wissenschaftlich gearbeitet.

Warum soll denn auch das Examen ein Abschlufs in der Arbeit des Studierenden der neueren Sprachen sein? Warum soll er nicht nach dem Examen, soweit es seine Berufsgeschäfte erlauben, und die erlauben es fast immer, sich erst recht weiter fortbilden und sich Kenntnisse aneignen, von denen nichts in seinen Zeugnissen steht? Bei dem jetzigen Lehrerüberflufs, der wohl auch noch eine Zeit lang andauern wird, wird es einem jungen Lehrer nicht schwer fallen, einen Vertreter zu bekommen, damit er selbst in das Ausland gehen kann und dort vielleicht, was sehr zu empfehlen ist, eine Lehrerstelle annimmt. Er wird dann auch meist in der besseren Lage sein, eine Lehrstelle sorgfältiger auswählen zu können, sich besonders durch die Verhältnisse bezüglich ihres Wertes für seine Fortbildung bestimmen zu lassen; er braucht dann nicht so sehr auf die materielle Seite zu sehen, wie so mancher junge unerfahrene Deutsche, der mit einer sehr mageren Stelle im Ausland sein Dasein fristen mufs. Es geht mir allemal ein Stich durchs Herz, wenn ich daran denke, wie so viele tüchtige deutsche Lehrer in England ausgenutzt werden; ich habe da Dinge gesehen und gehört, die ans Unglaubliche grenzen, Dinge, die in das Kapitel vom modernen Sklavenhandel" gehören. Allerdings ist es nötig, dafs die jüngeren Fachgenossen, wenn sie noch als Lehrer ins Ausland gehen wollen, sich der Heiratsgedanken entschlagen, was übrigens bei unseren Kulturverhältnissen und bei den Standespflichten der Lehrer an höheren Schulen nicht gerade ein Fehler

wäre.

Wir geben zu, dafs der Staat und die Gemeinden ein grofses Interesse daran haben müssen und dieses Interesse wird ihnen mit der Zeit viel deutlicher als jetzt zum Bewusstsein kommen tüchtige Lehrer der neueren Sprachen an ihren Schulen zu haben, Lehrer, die in jeder Beziehung den schwierigen Aufgaben ihres Berufes gewachsen sind; wir geben zu, dass der Staat alles thun mufs, was in den Bereich seiner Aufgaben fällt und was in seinen Kräften steht, um solche tüchtige Lehrer heranzubilden. Aber die Stipendieneinrichtungen, wie sie vorgeschlagen sind, übersteigen die Kräfte des Staates. Das Individuum soll auch für sich selbst sorgen. Nächst der Errichtung von Lehrstühlen für neufranzösische und neuenglische Sprache und Litteratur ist und bleibt hier das Wichtigste die Selbsthilfe, welche die richtigsten und für das einzelne Individuum geeignetsten Wege schon ausfindig machen wird.

Mir fällt da gerade eine Nummer der „Kölnischen Zeitung“, die sich seit einiger Zeit auch zuweilen mit neuphilologischen Dingen abgiebt, in die Hände, und zwar die vom 14. November v. J., 2. Blatt. Hier erhebt das Blatt seine weithin dringende Stimme zu Gunsten von neuen Einrichtungen zum Besten der Studierenden der neueren Sprachen. Der Verfasser des Artikels giebt zu, dafs das Universitätsstudium für die neusprachliche Durchbildung unserer höheren Lehramtskandidaten unzureichend sei, besonders gelte dies bezüglich des Englischen mit seinen fast unüberwindlichen phonetischen Schwierigkeiten. Er glaubt, das Beste sei noch immer ein Aufenthalt im Lande selbst, und zwar nicht ein kurzer Ferienausflug, sondern ein den eifrigsten Studien an Ort und Stelle gewidmeter längerer Aufenthalt, er sei geradezu unerlässlich für einen Neusprachler. Leider hätten unsere Studierenden aus ihrer Londoner Reise meist nur geringen Nutzen gezogen, weil es ihnen an jeder Anleitung und Unterricht jeder Art gefehlt hätte. (Das ist eine gar zu starke Übertreibung. Wer eben nur will, findet für wenig Geld in London ganz guten Unterricht im Englischen; wer die Gelegenheit sucht, findet auch ohne

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