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Alfred Lord Tennyson, a Memoir by his Son. London, Macmillan. 1897. 2 vv. XXII + 516 und VII + 551 ss. gr. 8°. Pr.: 36 sh.1)

Es war den freunden der englischen litteraturkunde schon seit langen jahren bekannt, dass Hallam lord Tennyson eifrig mit der abfassung eines umfangreichen werkes über den vor einem lustrum verstorbenen Alfred Tennyson beschäftigt sei und dass er alle noch lebenden freunde des dichters zur mitarbeiterschaft herangezogen habe. Das werk ist nun zu October dieses jahres erschienen und liegt in zwei stattlichen bänden, die zusammen über tausend seiten umfassen, vor uns.

Diejenigen werden sich arg enttäuscht sehen, die von dem sohne des Poeta laureatus eine biographie erwarteten, welche in wohlgeordneter, gleichmässig dahinfliessender darstellung das wachsen und ausreifen der hochbegabten dichternatur anschaulich schilderte, welche den vielen und vielgestalteten einflüssen liebevoll nachginge, die auf den geist des ewig-jungen poeten einwirkten, welche die quellen aufdeckte, aus denen er kraft und anregung für seine kunst geschöpft. Da Alfred Tennyson den ausdrücklichen wunsch geäussert hatte, es möge in dem lebensabriss, den Hallam zu geben plante, die hand des sohnes so wenig wie möglich sichtbar sein, so musste sich letzterer damit begnügen, alles biographische material, dessen veröffentlichung sein vater gestattete, zu ordnen und zu sichten, aussprüche, tagebuchaufzeichnungen, manuscript - anmerkungen zu einzelnen gedichten, notizen von freunden und freundinnen des dichters in chronologischer folge zusammenzustellen, aus den briefen von und an Tennyson (es lagen ihm an 40 000 briefe vor) eine umsichtige auswahl zu treffen und sie an der richtigen stelle einzuschalten, das ganze durch einen kurzen verbindenden text zusammenzuhalten, der sich auf das allernöthigste beschränkt. Nur da, wo wenig schriftliche aufzeichnungen erhalten sind, wo der verfasser nothgedrungen aus seiner eigenen erinnerung an das was er selbst miterlebte oder aus des vaters munde hat erzählen hören, schöpfen und mittheilen muss, wagt es Hallam, in den vordergrund zu treten. Da kommt Hallam denn eigentlich nur in den ersten und in den letzten capiteln so recht zu wort. Man hört ihm gerne zu und bedauert nur, dass er sonst ein gar wortkarger berichterstatter ist.

Auf diese weise ist aus dem ganzen eine unendlich reiche quellensammlung für den künftigen biographen Tennyson's geworden. Ein bild von des dichters wesen und wirken muss sich der leser selbst aus dem studium dieser schätze herausarbeiten, ein nicht müheloses geniessen, aber dafür um so mehr gewinnbringend. Manchmal wird unsere wissbegier stark gereizt, ohne befriedigt zu werden. So ist das, was wir von den zahlreichen reisen Alfred's erfahren. auf äusserst karge notizen beschränkt. Nur von seiner Schweizerreise vom jahre 1869 gibt uns Frederick Locker-Lampson einen eingehenden bericht (II 67). So erfahren wir fast gar nichts über die liebesgeschichte des jungen dichters. So wird uns zwar viel von der religiösen weltanschauung Tennyson's erzählt, und doch werden wir nicht in den stand gesetzt, einen klaren begriff von der entwicklung seines weltbildes, noch von dessen entgültiger ausgestaltung zu gewinnen.

1) Seit niederschrift der folgenden zeilen ist das werk auch in einer volksausgabe zu 10 sh., sowie auch in der Tauchnitz-Collection (4 bde.), erschienen.

Von nicht geringem werthe für das verständniss und die geschichte einzelner Tennyson'scher dichtungen sind die anmerkungen, die der Laureate seinem sohne zu einzelnen gedichten gab, so zu dem band von 1832, zu Maud, zu Enoch Arden, zu King Arthus und zu dem balladenband des jahres 1880. Es ist unmöglich, hier über den reichen inhalt der beiden bände eingehend zu berichten. Auch das knappste referat über die lebensgeschichte des dichters, wie sie in ihm niedergelegt ist, würde über einen druckbogen raum beanspruchen. So will ich denn nur einiges wenige aus der fülle des interessanten herausgreifen.

Ueber die früheste jugendzeit Tennyson's war bisher nur wenig bekannt. Hier wird uns zum erstenmal eingehenderes berichtet. Wir hören, wie Alfred im jahre 1870 erzählt, die ersten verse, die er bewundert habe, seien seine eigenen gewesen, die er als fünfjähriger junge schrieb, und wie er in seinem achten jahre ein selbsterzeugtes versungethüm für besser hielt, als alles was Campbell, Byron und Scott geschrieben. Der vers lautete:

With slaughterous thunder rolled the flood.

Wir lesen, dass er schon in seinen kinderjahren den sehnlichen wunsch gehegt hat, ein grosser dichter zu werden; dass er oft, wenn er die felder durchstreifte, hunderte von versen bildete und vor sich hin declamirte. Er selbst schreibt für Hallam Tennyson im jahre 1890 die folgende notiz nieder:

According to the best of my recollection, when I was about eight years old, I covered two sides of a slate with Thomsonian blankverse in praise of flowers for my brother Charles, who was a year older than I was, Thomson then being the only poet I knew. Before I could read, I was in the habit on a stormy day of spreading my arms to the wind and crying out 'I hear a voice that's speaking in the wind' and the words 'far, far away' had always a strange charm for me. About ten or eleven Pope's Homer's Iliad became a favorite of mine and I wrote hundreds and hundreds of lines in the regular Popeian metre, nay even could improvise them and so could my two elder brothers, for my father was a poet and could write regular metre very skilfully.

Ein brief, den er in seinem 12. jahre an seine tante Marianne Fytche schreibt, gibt uns erwünschten aufschluss über die geistige frühreife des knaben. Wir sehen daraus, dass Alfred um diese zeit schon viel gelesen hat. Die Milton'schen verse aus Sampson Agonistes:

Restless thoughts, that like a deadly swarm

Of hornets arm'd, no sooner found alone,

But rush upon me thronging, and present

Times past, what once I was, and what am now,

erinnern ihn an Dante's

Nessun maggior dolore

Che ricordarsi del tempo felice

Nella miseria.

Doch hat er diese verse nicht selbst im Inferno gefunden, sondern in Byron's Corsair. Die herrlichen verse Milton's:

O loss of sight, of thee I most complain! etc.

bezeichnet er als particularly beautiful und citirt sie in extenso. Köstlich altklug klingt es aus dem munde des knaben, wenn er von Milton sagt: As all the world knows he was a great pedant.

Die proben aus seinen jugendlichen dichtversuchen, die am schlusse des capitels gegeben werden, zeugen von einer höchst lebhaften, noch ungezügelten phantasie.

Aus Tennyson's studienzeit in Cambridge (1830) soll hier ein fragment folgen, das ein beachtenswerthes poetisches actenstück zur geschichte der englischen universitäten bildet:

Therefore your Halls, your ancient Colleges

Your portals statued with old kings and queens,
Your gardens, myriad volumed libraries,
Wax-lighted chapels, and rich carven screens,
Your doctors, and your proctors and your deans,
Shall not avail you, when the Day-beam sports
New-risen o'er awaken'd Albion. No!
Nor yet your solemn organ-pipes that blow
Melodious thunders thro' your vacant courts
At noon and eve, because your manner sorts
Not with this age wherefrom you stand apart,
Because the lips of little children preach
Against you, you that do profess to teach

And teach us nothing, feeding not the heart.

Mit besonderem fleisse hat Hallam Tennyson die aussprüche seines vaters über englische dichter aufgezeichnet. Wir wollen hier nur von einigen der interessantesten berichten. Da die namen Keats und Tennyson so oft gleichzeitig genannt werden, wollen wir mit äusserungen Alfred's über den sänger des Endymion den anfang machen.

Tennyson rühmt an Keats seinen idealen dichterblick (his high spiritual vision), die glückliche vereinigung von phantasie und scharfer beobachtungsgabe (a keen physical imagination). Er sagt, Keats sei im stande, in einer zeile ein ganzes landschaftsbild zu geben; allem, was er schreibe, sei etwas zauberhaftes, etwas von der tiefinnersten seele der poesie (of the innermost soul of poetry) zu eigen. Seinem blankvers mangele es freilich an originalität; er stehe über Shelley und wäre der grösste englische dichter seit Milton geworden, wenn er länger gelebt hätte; es sei nicht auszudenken, wie herrliches er geleistet haben würde. Auf die behauptung, Horaz und Keats seien seine beiden lehrmeister gewesen, entgegnet er, das habe er nie gesagt, wohl aber, beide seien meister gewesen (cf. I 152, II 70, 202, 286, 386).

Von Byron und Shelley erklärt er, sie hätten der welt ein neues herz und frischen pulsschlag gegeben, wie gross auch ihre irrthümer gewesen seien. Er berichtet, welch tiefen eindruck es auf ihn gemacht habe, als er, ein knabe von vierzehn jahren, die nachricht vom tode des grossen geächteten erhielt; wie er den verfasser des Childe Harold so übermässig in seiner jugend bewundert habe, dass er seiner am schlusse gänzlich überdrüssig geworden sei und in seinen reiferen jahren nur noch die Vision of Judgement und theile aus Harold und Don Juan lesen konnte; Byron's verdienste lägen an der oberfläche, während Wordsworth ein liebevolles studium erfordere (cf. I 141, II 69).

Von Shelley äussert er, es sei viel wortgeklingel in einem guten theil seiner dichtung. Doch gehörten seine blankverse vielleicht zu den allerkunstvollsten in der modernen dichtung. Niemand habe Shelley so sehr bewundert,

wie er, und er bewundere ihn noch, besonders in „Alastor“, „Adonais“, „Prometheus Unbound“ und „Epipsychidion“. Shelley sei für ihn oft zu viel in den wolken. „The Lover's Tale", das einige als von Shelley beeinflusst betrachten, sei entstanden, bevor er etwas von diesem gelesen. Er stellt Shelley über Byron und sagt, es wäre ihm lieber gewesen, wenn er eher Shelley als letzteren kennen gelernt hätte (cf. II 69, 285, 402).

Dem dichter Wordsworth bringt er grosse bewunderung entgegen, ohne für dessen viele fehler blind zu sein. Er sagt von ihm, den er einmal the dear old fellow nennt, er sei ein grosser dichter gewesen, aber zu einseitig, um dramatisch zu sein. Er verehre die reinheit und den adel seiner lehren. In seinen besten werken erscheine er ihm als der grösste englische dichter seit Milton. Doch ist er ihm oft zu weitschweifig und zu lehrhaft. Der vers aus Tintern Abbey"

'Whose dwelling is the light of setting suns'

sei fast der grossartigste in der englischen sprache. Unter den andern dichtungen Wordsworth's sind seine lieblinge: The Yews of Borrowdale“, „The Simplon Pass", das sonett:

Two voices are there; one is of the sea

One of the mountains, each a mighty Voice, etc.

The Solitary Reaper", „Peele Castle“, „Ode on Intimations of Immortality" und „The Fountain".

Damit müssen wir die reihe der proben aus Hallam Tennyson's schönem buche schliessen. Noch sei gesagt, dass das werk viele bislang ungedruckte gedichte enthält, dazu nicht wenige facsimile - abdrücke, ausserdem zahlreiche illustrationen in photographie und autotypie nach G. F. Watts, Samuel Laurence, Mrs. Allingham, Richard Doyle, Biscombe Gardner u. a. Eine tabelle der deutschen übertragungen Tennyson's und ein sehr brauchbarer, wenn auch nicht erschöpfender index bilden den schluss.

Memmingen, Dec. 1897.

Br. Schnabel.

Tennyson's The Princes. Edited with introduction and notes by Albert S. Cook. Boston, Ginn & Company, 1898. XLVI + 187 ss. 8°. Pr.: 40 cents.

Die vorliegende hübsche ausgabe verdient alles lob. In der einleitung werden die beurtheilungen, die Tennyson's dichtung durch F. W. Robertson, Stedman, Saintsbury, Arthur Henry Hallam, J. Churton Collins, Charles Kingsley, Walters, Bayard Taylor, Dawson und Dixon erfahren hat, in ihrer vollen ausdehnung abgedruckt. Der brief, den der dichter an Dawson geschrieben, als dessen Study erschienen war, wird vollständig gebracht. Eine metrische studie bildet den schluss des ersten theils. Der commentar giebt in reicher fülle wortund sacherklärungen, führt zu einzelnen stellen parallelstellen aus Tennyson und aus anderen dichtern an, weisst auf die schönheiten wie auf die mängel einzelner partien hin und citirt die wichtigsten anmerkungen früherer commentatoren.

E. Kölbing, Englische studien. XXVI. 3.

27

Das buch wird stets ein gutes handbuch für den lehrer sein. Für den schulgebrauch ist es vielleicht weniger zu empfehlen, da es der arbeit des lehrers zu sehr vorgreift. Als ausgabe für „controllirte privatlectüre" thäte es jedoch dem schüler wieder ganz vorzügliche dienste.

Memmingen, Juli 1898.

Br. Schnabel.

II.

HÜLFSMITTEL ZUM STUDIUM DES ENGLISCHEN.

J. W. Zimmermann, Lehrbuch der englischen sprache für höhere lehranstalten (besonders realgymnasien und realschulen). Neu bearbeitet von J. Gutersohn. I. theil (methodische elementarstufe). 47. aufl. Halle a. Saale. Schwetschke. 1897. 110 ss. 8o. Pr.: mk. 1,50. II. theil (systematische mittelstufe). 44. umgearbeitete aufl. Im selben verlag. 1896. 242 ss. 8o. Pr.: mk. 2,70. Der erste theil des vorliegenden lehrbuches stellt sich die aufgabe, die hauptregeln der formenlehre auf grundlage der aussprache zu lehren. Der stoff ist auf 52 lectionen (s. 1-87) vertheilt und folgendermaassen gegliedert: Aussprache der consonanten im allgemeinen. Aussprache der vocale und ihrer verbindungen. Ausnahmen und einzelheiten, betonung. Hilfszeitwörter, frage und verneinung. Das regelmässige zeitwort. Aussprache einzelner consonanten, zahlwörter. Lautwechsel der vocale und betonung der silben. Abschluss der elementaren formenlehre. Ein anhang enthält ausspracheregeln zur methodischen elementarstufe' und einen nachtrag' über ein paar synonyma etc. Daran schliessen 25 Easy English Readings und zwei wörterverzeichnisse.

Zimmermann's englisches unterrichtswerk, das, wie die zahlreichen auflagen zeigen, seinerzeit sehr geschätzt und benützt worden ist, stand zuletzt nicht mehr auf der höhe der zeit. Der überarbeiter hatte, wenn er nicht etwas völlig neues schaffen wollte, einen schweren stand. Der hauptmangel des buches liegt nach meiner überzeugung in der schwerfälligen, ermüdenden, weil viel zu complicirten, aussprachebezeichnung mit ihren unendlichen reihen von accenten, strichen und punkten, die den schüler verwirren und sein gedächtniss belasten. Wie einfach ist dagegen die 'lautschrift'! Wie erleichtert sie schülern und lehrern die arbeit! Uebrigens wird auch im vorliegenden buche der einfachheit halber öfter zur lautschrift gegriffen: to (spr. tu), are (spr. ar), you (spr. ju), I (spr. ai), come (spr. föm), one (spr. uön), eight (spr. eit), aunt (spr. ahnt) u. a.

Was die erklärungen der aussprache englischer laute betrifft, so sind dieselben nicht immer einwandfrei, fussen sie doch zum guten theil auf Zimmermann's schriften 'Die englische aussprache' und 'Kurze englische leselehre', die zwar im anhang s. 88 'treffliche werkchen' genannt werden, die ich aber durchaus nicht für solche halte. Wenigstens musste ich über die 'Kurze englische leselehre' in dieser zs. XIX, 433 ff. ein ganz anderes urtheil fällen. Dem heutigen stand der methode widersprechen ausserdem die vielen einzelsätze und der vorzeitige beginn der übersetzungen vom Deutschen ins Englische. Ja in einigen

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