Inhalts - Verzeichniss des XXXI. Bandes. Abhandlungen. Seite Ueber Balladendichtung im Allgemeinen, insbesondre die Lenore Bürgers. Vieboff oder Lewes? Von G. Kreyenberg, Aus dem Nachlasse des verewigten Directors Dr. F. L. Kannegiesser 27 Ueber französische Volkspoësie. Von J. Wollenberg Ueber die Darstellung der französischen Conjugationen in den Schul- Kritische Bemerkungen über zwei Stellen aus Dramen Sbakspeare's. Ueber Shakspeare's Hamlet. Von Dr. L. Eckardt Beiträge zur englischen Lexicographie. IV. Artikel. Von Dr. A. Hoppe 113 Romanische Etymologien. Von Dr. Langensiepen Sitzungen der Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen. 157 Nathan der Weise und sein Gleichniss von den drei Ringen. Von weil. Goethe und Tischbein. Von C. Scbiller Artikel beim Superlative? Von G. L. Staedler Geschlechtswort« ? Von G. L. Staedler Sitzungen der Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen. 309 Liebesbriefe von Joh. Anton Leisewitz. Herausgegeben von Dr. Carl Hepri Murger. Eine literarische Skizze von C. Ploetz Notes and Emendations to Shakspere's „Merchant of Venice.“ Von Beurtheilungen und kurze Anzeigen. W. v. Humboldt's Aesthetische Versuche über Goethe's Hermann und 198 206 (E. W.) 830 217 . 333 335 336 338 339 . 438 439 440 441 Uebungsbücher zum Uebersetzen aus dem Deutschen in's Englische so wie aus dem Englischen in's Deutsche. Herausgegeben von J. Morris. (Dr. Philipp.) . (Dr. Sachse.) thode Stolze. (L.) 435 , Jugend . Der Schwan in Sage und Leben von P. Cassel. " (Dr.sachse.) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit Germania. Herausgegeben von Fr. Pfeiffer. (Dr. Sachse.) Traité complet de la conjugation des verbes français. Par Lesaint. (Dr. Muret.) 443 Englisches Vocabular. 'Von Dr. Vogel.: (Dr. Muret). 445 Programmen schau. Rede, gehalten bei Schiller's hundertjábrigem Geburtstage. Von Dr. Eckstein Daniel gehalten 231 Ueber die Faustsage. Von Dr. Kühne . De Reinmaro de Zweter. Von B. Hüppe . 232 Der Spieghel der Layen. Mitgetheilt von Dr. B. Hölscher. (Hölscher.) 232 Weltbürgerthum und Schule. Von Dr. M Zille. 447 On Troilus and Cressida. Von Dr. Boning. (Dr. A. Kortegarn.) 449 Zur Einleitung in die Geschichte der neuhochdeutschen Grammatik. Von G. Th. Dithmar. (Hölscher.) 456 Miscellen. 231 231 232 RY TY Ueber Balladendichtung im Allgemeinen, insbesondre die Lenore Bürgers. Balladen giebt es in der deutschen Literatur, seit Bürger *) nach dem Vorbilde englisch-schottischer Dichtungen, wie sie in der berühmten Sammlung unter dem Titel: Old Songs and Ballads, von Percy herausgegeben wurden, episch-lyrische Dichtungen schuf und unter dem Namen „Balladen“ herausgab. Romanzen giebt es, seit Gleim französische Gedichte dieses Namens übersetzte. Ballade, ballad, bedeutet eigentlich: Tanzlied, Romanze: romanische Volkssprache. Der Unterschied von Ballade und Romanze ist nur nominell. Balladen und Romanzen sind episch-lyrische Dichtungen; episch, in so fern sie eine Reihe von Begebenheiten, die mit einander in causalem Zusammenhange stehen, vorführen; lyrisch, in so fern die Gemüthswelt der in die Handlung verflochtenen Personen zur Darstellung gebracht wird. Auch das Drama entsteht bekanntlich aus der Verschmelzung von Epik und Lyrik, ähnlich wie auf einem andern Kunstgebiete durch eine Verschmelzung der Architektur und Plastik sich die Malerei entwickelt. Zum Drama aber wird die episch-lyrische Dichtung erst, wenn zu dem Worte die Geberde hinzukommt, das der bildenden Kunst abgeborgte mimische Element. Diess fehlt den Balladen, die durch dialogische Form übrigens - mehr oder weniger an die dramatische Dichtungsart anstreifen. *) In dem Buche „Gottfried August Bürger von Pröble,“ zu welchem das Archiv Nachträge brachte, ist gleichfalls die Lenore sehr ausführlich bebandelt. Archiv f. n. Sprachen. XXXI. 1 Zweimal hat in der deutschen Literatur episch - lyrische Dichtung sich gezeigt, das erste Mal in der Zeit, wo die deutsche Lyrik sich entwickelte, zu Ende des 12. Jahrhunderts. Die Entwickelung des Epos zur Lyrik ging hindurch durch eine Mittelgattung; zu ihr gehören die Gedichte, bei denen auf einer epischen Grundlage Lyrisches basirt; so heisst es in einem Liede von Dietmar v. Aist: Es stund eine Frau alleine, Da sah sie 'n Falken fliegen, In diesen Worten ist die epische Grundlage gegeben, auf der im Weitern die entströmende lyrische Empfindung sich gleichsam auferbaut. Wie wohl, o Falke, dass Dir ist, Des neiden schöne Frauen etc. Ganz ebenso ging die Entwickelung in der griechischen Literatur vor sich. Die homerischen Hymnen stehen auf derselben Stufe. Aus dieser Mittelgattung entwickelte sich dann gegen Ende des 12. Jahrhunderts die unter dem Namen der Minnepoesie bekannte Kunstlyrik. Auch im Gebiete der Volkspoesie entwickelt sich aus dem altepischen Liede, wie es in der altnordischen Edda für uns noch erhalten ist, eine lyrische Epik, von der in dem deutschen Volksgesange noch Ueberreste vorhanden sind. Ich erinnere nur an das rührend schöne Volkslied, was vor nicht langer Zeit in Westphalen noch gesungen worden ist, das Lied von den zwei Königskindern, das Gegenstück zu dem auf griechischer Sage beruhenden Schiller'schen Gedichte Hero und Leander, die Ballade „Joseph, lieber Joseph,“ das Original der Schiller'schen Kindesmörderin, die in der Erk und Lomerschen Volksliedersammlung enthaltene und zu wenig bekannte Ballade von dem „Herrn von Falkenstein,“ die bis auf die neuere Zeit im nordwestlichen Deutschland im Munde des Volkes |