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würde, glaube ich, nicht übel aufgenommen werden, wenn ein Grammatiker sich der eine falsche Vorstellung erzeugenden Bezeichnung „Rückbrechung" entäusserte. S. 272b steht: Die starke Konjugation erhält: a) in der 2. u. 3. Person des Präs. Ind. Akt. die Rückbrechung, d. h. die Wiederherstellung des ursprünglichen,i' aus dem gebrochenen ‚e‘, z. B. ich breche, du brichst etc." Wie kann denn das „i“ in der 2. und 3. Person aus dem „e wiederhergestellt sein, wenn diese Personen das „i“ stets bewahrten! Es hat hier gar keine Brechung stattgefunden, folglich kann von einer Rückbrechung nicht die Rede sein. Diese Bezeichnung ist für unsere Grammatik um so auffälliger, als ihre Zulässigkeit aus der auf S. 285 gegebenen Anm. 3 erhellt. Der Herr Verf. übersetzt in dem Abschnitte über die Bedeutung der alten Personennamen (S. 421 ff.),,Gaiserich" mit:,,Speerherrscher". Er nimmt also „gais“ ,,ger". Diese Annahme dürfte durch die Untersuchung des engl. Gelehrten Henry Sweet über die Etymologie des altengl. Wortes, garsecg" (siehe Engl. Studien, herausg. v. E. Kölbing, Bd. II, S. 314 ff.), der auch Prof. Sievers in Jena beistimmt, antiquirt sein. A. a. O. wird gais“ mit dem altnord. geisa (wüthen) zusammengebracht und Gaiserich mit Wütherich" übersetzt. In dem Verzeichnisse von Wörtern, deren Bildungsweise aus der heutigen Sprache nicht mehr ersichtlich ist (S. 427 ff.), sind überflüssiger Weise einige aufgenommen, deren Bedeutung aus der Schreibweise sich ergiebt. Bei „Dienstag" steht: Zio, Ziu etc. Sollte es nicht gerathener sein, die niederdeutsche Form Tiu“ (vgl. engl. Tuesday) anzusetzen und die hochd. „Ziu“ etwa in Parenthese daneben? Es lässt sich wohl schwerlich das Objekt ohne weiteres als ein „ausserwesentlicher Satztheil bezeichnen (S. 461), da ja nicht wenige Verben und Adjektive ein solches erfordern, wenn der Satz einen vollständigen Gedanken geben soll. Nicht würde ich, wie S. 469 geschieht, das Adverbiale ein erweiterndes Objekt nennen. Ferner scheint es nicht zutreffend zu sein, nur den Theil eines mit einem Hilfsverb zusammengesetzten Verbalausdruckes, welcher Person, Zeit und Numerus ausdrückt, als pradizirendes Verb zu be zeichnen (S. 463). Die Konstruktion nach dem Sinne (S. 488), d. h. die Stellung eines pluralischen Prädikats nach einem Kollektivum, mag ja hin und wieder vorkommen; sie wird aber doch, soweit wenigstens meine Beobachtung reicht, im sorgfaltigen Stile vermieden. Daher sollte in einer nhd. Grammatik vor dieser Konstruktion gewarnt und sie nicht mit der Bemerkung in Schutz genommen werden: „Nach einem Kollektivum kann das Verb im Plural stehen." Ueber den Gebrauch der Verschmelzungen der Präpositionen mit dem Artikel wird (S. 627 ff.) gesagt: „In Redensarten bildlicher Bedeutung ist nur die Verschmelzung zulässig. Bei Ausdrücken eigentlicher Bedeutung steht der volle Artikel, wenn der Gegenstand ein bestimmter, bekannter ist; andernfalls ist auch in diesem Sinne die Verschmelzung üblich." Ohne besondere Untersuchungen hierüber angestellt zu haben, erscheint mir diese Gebrauchsanweisung doch etwas gewagt. Verschmelzungen sind Spracherscheinungen mechanischer, unwillkürlicher Art, Erscheinungen, die in der gesprochenen Sprache ungleich häufiger vorkommen, als in der geschriebenen, und über deren Zustandekommen die Lautphysiologie näheren Aufschluss zu geben hat. Dass diese von Natur mechanischen Gebilde sich zu Werkzeugen feiner logischer Unterscheidungen erhoben haben sollten, ist mir unwahrscheinlich.

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In der Satzlehre gelangt die historische Betrachtungsweise zu sehr instruktiver Geltung, was besonders von dem interessanten Kapitel über die Entstehung des Nebensatzes gilt. Klar und übersichtlich ferner ist die Lehre von der Periode dargestellt, deren Behandlung in vielen Grammatiken so wenig befriedigend ist. Der Herr Verf. unterscheidet einfach und mehrfach zusammengesetzte Sätze. Die ersteren entstehen durch die Vereinigung nur zweier Sätze und spalten sich wieder in Satzverbindungen und Satzgefüge; die letzteren sind Verbindungen von mehr

als zwei Sätzen, von denen die nur aus Hauptsätzen bestehenden Satzreihen, die aus einem Haupt- und mehreren Nebensätzen zusammengesetzten eingliederige Perioden genannt werden. Die Anzahl der Glieder einer mehrgliederigen Periode wird nach der Anzahl der im Satzkomplexe vorkommenden Hauptsätze berechnet. Hauptsätze und Satzgefüge bilden auch mehrgliederige Perioden. Dr. M. Schilling.

Werdau.

Zur Volkskunde. Alte und neue Aufsätze von Felix Liebrecht. Heilbronn, Gebr. Henninger, 1879. 522 S. gr. 8o.

Es sind Aufsätze zur Sagenkunde, über Märchen und Fabeln, zur Novellistik, über Volkslieder, zur Mythologie, Religionsgeschichte u. a., zur allgemeinen Literaturgeschichte, endlich über Sprachliches, Redensarten u. s. w. Die meisten derselben sind schon früher in Zeitschriften gedruckt worden; nun erscheinen sie gesammelt, durch Nachträge bereichert, zum Theil auch mit einander verschmolzen; gewidmet ist die ganze reichhaltige Sammlung dem Freunde des Verf., Ad. v. Keller. Es bedarf keines Nachweises, dass Liebrecht's Aufsätze es verdienten, durch eine solche Sammlung leichter zugänglich gemacht und in die Erinnerung zurückgerufen zu werden; wir sind dem Verfasser zu grossem Danke dafur verpflichtet. Man kennt ja die ihm eigene staunenswerthe Belesenheit und Gelehrsamkeit, welche sich mit scharfsinniger Kombination und nüchterner Betrachtungsweise verbindet, kraft derer er eine Deutung von kulturgeschichtlichen Problemen nur da unternimmt, wo sie des Beweises fähig ist, sich sonst aber der vielleicht richtigen, jedoch noch unerwiesenen Hypothesen enthält. Auch besticht ihn die moderne Kultur, in der wir es so herrlich weit gebracht", nicht; gleich dem Naturforscher der Descendenztheorie scheut er davor nicht zurück, manche Sitte und manchen jetzt humoristisch auftretenden Brauch rückwärts zu verfolgen und in die Urzeit auf seine roheste Fassung und Auffassung zurückzufuhren. Nicht gerade umfassende Hilfsmittel, wie L. bekennt, standen ibmn in Lüttich zu Gebote; darum sind Nachträge und Berichtigungen leicht möglich, wie sie z. B. Reinh. Köhler, der mehr als ein anderer dazu im Stande ist, in seiner Beurtheilung des Buches schon angekündigt hat. Umsomehr sind die imposanten Studien und Sammlungen zu bewundern, die der Verf. auch so gemacht hat und von denen die besprochene Sammlung zeugt. Das Buch ist in der dem Verlage der Gebr. Henninger eigenthümlichen Vorzüglichen Weise ausgestattet worden.

Ausgewählte Gedichte Walther's von der Vogelweide und seiner Schüler. Schulausgabe, mit Einleitung, Anmerkungen und Wörterbuch von Reinhold Bechstein. Stuttgart, Cotta, 1879. 134 S. kl. 8o. (Aus den Schulausgaben deutscher Klassiker mit Anmerkungen.)

Eine Sammlung für die Schule, wohl auch für den akademischen Gebrauch bestimmt, mit kurzer passender Einleitung, welche besonders auch von den Zeugnissen handelt, aus denen wir den grossen Einfluss Walther's, sein Ansehen und die grosse Bekanntschaft mit ihm erkennen. Die Biographie ist kurz, aber gut und passend und wissenschaftlich nüchtern. An einer Stelle freilich (S. XI) lässt den Verf. sein besonnenes Urtheil im Stich; Walther's Dichtung soll beweisen, dass er kein Oesterreicher war; denn er ist Idealist, das waren damals die österreichischen Dichter nicht“. So kann man eben alles oder auch nichts beweisen. Die Auswahl der GeArchiv f. n. Sprachen. LXIV. 27

dichte selber ist nach ästhetischen, moralischen und historisch-literarischen Gesichtspunkten gemacht worden; überflüssig wäre es darum, mit dem Herausgeber hinsichtlich der einzelnen Stücke streiten und den eigenen Geschmack und das eigene Urtheil über das seinige stellen zu wollen. Im Allgemeinen hat er sicherlich seine Aufgabe mit Takt und Geschick gelöst. Die Anmerkungen sollen namentlich dem Lehrer zu Hilfe kommen. Natürlich wird sich auch für die Textesgestaltung und die sprachliche und sachliche Erklärung manche Meinungsverschiedenheit ergeben; man möge in diesem Punkte die Anzeige von Willmanns in der Zeitschrift für Romanische und Germanische Literatur vergleichen. Die kleine Sammlung enthält 40 Lieder und 50 Sprüche von Walther und 24 Lieder seiner Schüler.

Rückert-Studien von Rob. Boxberger. Gotha, Perthes, 1878. 315 S. gr. 8°.

Rückert's poetische und literarische Bedeutung verdient sicherlich, dass sich die Philologie mit der Sammlung, Kritik und Erläuterung seiner Werke bei Zeiten abgebe. Darum kann Herr Boxberger auf unsern warmen Dank für die Mühe Anspruch machen, die er auf die Sammlung der Mittheilungen über den Dichter verwandt hat. Möchte es doch Boxberger selbst unternehmen, eine biographische und ästhetische Darstellung des reichbegabten Dichters zu geben und sich nicht damit begnügen, anderen das Material gesammelt zu haben. Gewisslich muss in solchen Sammlungen auch manches für den blos geniessenden Dilettanten Werthloseres mit unterlaufen; das kann bei philologischer Genauigkeit, die sich auf die höhere ästhetische Kritik nicht einlassen darf, gar nicht ausbleiben; so auch hier. Von dem poetisch Werthvolleren der Sammlung erwähne ich Rückert's Gedichte auf den Tod seiner Gattin, dann sein letztes Gedicht, das er zwei Tage vor seinem Tode, als ob er diesen voraussähe, gedichtet hat. Auch unter den folgenden ungedruckten, zerstreuten oder verschollenen Gedichten befindet sich manche Perle, namentlich auch manch ansprechendes Sinnge licht. Es folgt Jungtristan, für den Rückert's Autorschaft von Bechstein nachgewiesen worden ist; dann eine Reihe von Briefen an Cotta u. a., welche uns die finanziellen Verhältnisse auch dieses deutschen Dichters nicht in gunstigem Lichte zeigen. Aus dem Folgenden erwähne ich noch das Curiosum, die 17. challaine des Hariri, die Rückert in den späteren Ausgaben aus guten Gründen weggelassen hat, die übrigens sehr witzig ist und an Goethe's Tagebuch erinnert. Den letzten Haupttheil macht ein ausführlicher Nachweis der Entstehung von R.'s Erbaulichem und Beschaulichem aus dem Morgenlande" und die Erläuterung desselben aus. Dann folgt noch ein Vortrag über R.'s Aufenthalt in Hanau und seine Selbstbekenntnisse.

Ueber Verrottung und Errettung der deutschen Sprache von Hans

von Wolzogen. Leipzig, Edw. Schlömp, 1880. 98 S. gr. 8o.

Wieder eine Stimme mehr gegen den herrschenden Leichtsinn und die Lotterei, mit der die deutsche Sprache in unserer Zeit von den deutschen ,,Schriftstellern" behandelt wird. Die Schrift ist im Geiste des bekannten Aufsatzes von Arthur Schopenhauer über Schriftstellerei und Styl" geschrieben und demselben ebenbürtig in Beweisführung und warmer Theilnahme für die misshandelte Sprache. Indem ich sie allen Freunden der deutschen Sprache und des deutschen Vaterlandes aufs Angelegentlichste empfehle, erwähne ich nur noch, dass Wolzogen zunächst in drei Kapiteln: Moderne Bildersprache; falsche Wortanwendungen; falsche Satzbildungen“ die Hauptfehler des modernen Stiles unserer bekanntesten Autoren nachweist und mit zahlreichen Beispielen belegt; sodann aber und hierin liegt die Hauptbedeutung der Schrift und das Unterscheidende von anderen

gleicher Tendenz

führt er aus, dass der eigentliche Grund der entsetzlichen Sprachverderbniss darin beruht, dass unsere Sprache von den modernen (zumeist einer fremden Race entstammenden) Schriftstellern nicht als ein ehrwürdiges, gewordenes und darum pietätvoll zu bewahrendes und in seinen eigenthümlichen Functionen zu ergründendes Naturgebilde gepflegt und weiter entwickelt wird; vielmehr erblicken dieselben in dem heiligen Organe eines Volkes, dem sie wenigstens dem Namen nach angehören, einen Stoff, den sie beliebig und so gewissenlos als es ihnen gefällt in Stücke schlagen, logisch verwirren und so zum adäquaten Ausdrucke ihrer verworrenen Gedanken machen dürfen; oder sie bringen nach französischem Vorbilde das Deutsch in eine erträgliche formale Ordnung und gewinnen statt der urkraftigen, lebendigen Volkssprache die moderne Schriftsprache. Dieses wie jenes heisst dann „modern" und wird von den Klugen geduldet und beschonigt, von den Dummen angestaunt und nachgemacht. Schliesslich weist Wolzogen auf den einzigen Weg zur Errettung aus dieser Verrottung hin: Wagner's musikalisches Drama. Diese Musik kann uns wieder eine reine deutsche Sprache und deutschen Sprachsinn verschaffen. Es mag ja auch andere Wege geben, aber dieser ist jedenfalls einer, auf dem schon ein hoffnungsvoller Anfang gemacht worden ist; Schriften wie diese sind eine wahrhaft nationale That.

Lehrbuch des Deutschen Prosastils für höhere Unterrichtsanstalten wie auch zum Privatgebrauche von Dr. Friedr. Beck. 5. Aufl. München, 1876. 234 S. 8°.

Ein recht brauchbares Buch, das vielfach auch vor Sprachwidrigkeiten warnt, die Wolzogen rügt. Der Verf. beherrscht seinen Gegenstand und handelt ihn in klarer, verständlicher und erschöpfender Weise ab. Das Buch ist zum gelegentlichen Gebrauche in dem deutschen Unterrichte oder auch zur methodischen Besprechung ganzer Materien durchaus geeignet. Eine Menge von Beispielen erleichtert dem Lernenden das Verständniss der theoretischen Darlegung und regt ihn in geschickter Weise zum Nachdenken and zu eigener Gedankenthätigkeit an.

Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten, herausgegeben von Dr. Rob. Kohts, Dr. K. Wald. Meyer und Dr. Alb. Schuster in Hannover; vier Theile für Sexta, Quinta, Quarta und Tertia. Dazu ein Geleitschreiben. Hannover 1879, Helwing'sche Buchh.

Eine mit Einsicht, Geschick und Geschmack gemachte Zusammenstellung von prosaischen Lesestücken und Gedichten, welche der Art geordnet sind, dass möglichst Gleichartiges von Prosa und Poesie in Gruppen zusammen geordnet ist. Vielleicht wird des Guten etwas zu viel geboten; indess ist das ja kein eigentlicher Fehler, um so weniger da der Preis trotzdem sehr gering ist; vielleicht ist auch dies oder jenes Gedicht nur mit einem gewissen Zwange an der betreffenden Stelle als an seinem rechten Orte befindlich anzusehen. Und dass ein jeder hinsichtlich des Einzelnen nicht durchaus mit den Herausgebern übereinstimmen wird, bedarf keiner weiteren Ausführung. Aber im Ganzen halte ich diesen neuen Versuch, den höheren Schulen ein Musterlesebuch zu geben, für durchaus gelungen und hoffe, ja erwarte es, dass diese Sammlung eine allgemeine Verbreitung erlangen wird; sie kann in der That als eine, die vielen früheren Versuche abschliessende, definitive gelten. Das Begleitschreiben giebt über die befolgten Grundsätze und die einschlagende Literatur Rechenschaft.

Ugo Foscolo's Gedicht von den Gräbern (dei sepolcri), übersetzt von Paul Heyse. Leipzig 1880, W. Friedrich. 28 S. in 8o.

Ugo Foscolo's Gedicht an Ippolito Pindemonte gerichtet, erschien zuerst 1807, ein Gedicht ausgezeichnet durch plastische Anschaulichkeit und romantische Genusstiefe, welche glücklich gemischt sind. Die Uebersetzung ist, wie zu erwarten, eine vortreffliche. Auch die Ausstattung und der Druck ist, wenige Versehen abgerechnet, gut. Die von Foscolo selbst gegebenen Anmerkungen und Hinweise auf Anspielungen sind am Schlusse in der Uebersetzung hinzugefügt. Dr. P. Förster.

Sagen der Grafschaft Mansfeld und ihrer nächsten Umgebung. Gesammelt von H. Grössler. Eisleben, O. Mähnert, 1880. Der durch seine lokalgeschichtlichen Forschungen wohlbekannte Verfasser bietet hier einen dankenswerthen Nebenertrag derselben nicht nur gelehrten Kreisen, sondern vielmehr der Familie und der Jugend. Hier ist ein reicher Strauss anmuthiger Blüthen der bis in die neuere Zeit hinein schaffenden Volkspoesie, welche doch alle auf dem Grunde uralter Ueberlieferungen erwachsen sind, mit kundiger Hand gesammelt. Da sehen wir den wilden Jäger und das wüthende Heer vorüberziehen, wir belauschen das segensreiche und doch so wunderliche Schaffen der Hausgeister, die hier, in der Heimat Luthers, merkwürdiger Weise fast immer als Mönche bezeichnet werden, wir lassen uns mit der Wunderblume die Zugänge zu beimlichen Schätzen erschliessen, begegnen an Kreuzwegen und einsamen Orten wiederkehrenden Todten, weissen Frauen, Schlüsseljungfrauen, rubelos umhergetriebenen Geistern ruchloser Menschen oder unglücklicher Liebender, lernen in Kreuzen, Steinen, alten Bäumen und Gebüschen die Denkmäler von tragischen Vorgängen aus dem Volksleben oder von grossen Räubern und Uebelthätern, in deren Höhlen uns die Erzählung führt, kennen, hören von der Wirksamkeit des Teufels und dem bösen Treiben der Seinigen, erfahren von untergegangenen Schlössern, Kirchen und Dörfern, von der Kraft des Fluches und des Segens, von Namensentstehung, und wie es eigentlich bei gewissen historischen Ereignissen bergegangen ist u. s. w. Schon aus dieser ungefähren Inhaltsangabe ist ersichtlich, wie interessant die Sammlung weit über ihr heimisches Gebiet hinaus für Jung und Alt und nicht zum wenigsten für den Forscher ist, und wie auch sie uns nach vielen Seiten hin tiefe, zum Theil überraschende Blicke in das Gemüthsleben, das Empfinden, den Glauben und Aberglauben unseres Volkes thun lässt. Natürlich ist dem auf diesem Gebiete Heimischen vieles nicht absolut neu, fast alles aber wird neu und interessant durch die lokale Färbung, welche erst das rechte Leben giebt. Es sind auch nicht alles Sagen im strengen Sinne, sondern, wie der Verf. selbst sagt, „Sagentrümmer", unscheinbare Zeugnisse für den Glauben unserer Alten. Da die Sagen nach Städten und ihrer Umgebung geordnet sind die meisten aus der Gegend von Eisleben und Sangerhausen so wiederholt sich in den 310 Nummern manches. Andrerseits wird niemand absolute Vollständigkeit des noch Vorhandenen erwarten (zumal wenn er sich vom Verf. belebren lässt, wie schwer man in unserer aufgeklärten und schnelllebigen Zeit zur Kenntniss solcher missachteten Dinge gelangt). Dadurch aber hat sich der Verf. eben ein besonderes Verdienst erworben, dass er in jener weniger noch durchforschten Gegend sehr vieles vor unrettbarem Untergange bewahrt hat; denn wenigstens zwei drittel des Dargebotenen war bisher gar nicht oder nicht in dieser Fassung veröffentlicht. Das Uebrige hat der Verf., um möglichst alles dieser Gegend Angehörige vollständig beisammen zu haben, unter Angabe der Sammelwerke,

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